Lange nach etwaigen Disputen rund um die Schlussrechnung und meist auch nach Ablauf der Gewährleistungsfrist tritt oft ein weiterer beliebter Mythos zutage: der "verdeckte Mangel". Wie ein Damoklesschwert schwebt der "verdeckte Mangel" über jedem AN, heißt es ja, dass man diese Mängel auch drei Jahre nach der Übergabe – somit nach Ablauf der gesetzlichen Gewährleistungsfrist für unbewegliche Sachen – noch im Rahmen der Gewährleistung beheben muss.
Auch wenn sich dies viele AG wünschen, ist nicht jeder Mangel, der verspätet hervorkommt, zugleich ein "verdeckter Mangel", für den die Gewährleistungsfrist noch nicht zu laufen begonnen hat. So beginnt die Frist auch bei einem "verdeckten Mangel" grundsätzlich mit der Übergabe zu laufen.
Lediglich bei ausdrücklich zugesicherten Eigenschaften kann die Gewährleistungsfrist erst mit Erkennbarkeit des Mangels zu laufen beginnen, da in der Zusicherung einer Eigenschaft typischerweise eine stillschweigende Verlängerung der gesetzlichen Gewährleistungsfrist enthalten ist. Wurden jedoch vertraglich bestimmte Gewährleistungsfristen vereinbart – wie dies in den meisten Bauverträgen üblich ist – kommt eine solche stillschweigende Verlängerung nicht mehr in Betracht.
Die Erkennbarkeit des Mangels ist somit keine Voraussetzung für den Beginn des Fristenlaufs. Sofern also keine besonderen Sacheigenschaften zugesichert wurden, verjähren Gewährleistungsansprüche auch bei "verdeckten Mängeln" innerhalb der gesetzlichen Frist (bei unbeweglichen Sachen nach drei Jahren) oder einer allenfalls vertraglich davon abgehenden längeren oder kürzeren Frist. Dies gilt auch für sich typischerweise erst nach mehreren Jahren zeigende Materialfehler.
Erstaunlich ist, dass selbst die hierzu seit Jahren gefestigte Rechtsprechung nichts daran geändert hat, dass auch weiterhin ein Großteil der Baubranche davon ausgeht, dass jeder Mangel, der erst später zum Vorschein kommt, als "verdeckter Mangel" auch nach Ablauf der Gewährleistungsfrist behoben werden muss.