Österreich : Neue Technologie bindet CO2 in "grünem" Beton

Salzburg Wohnbau Froschungsprojekt Start CO2 max. Foto: Neumayr/Leo 22.04.2022 Klaus Höckner, Walter Haas, Roland Wernik, Johannes Tiefenthaler, Clemens Deisl, Christopher Deisl, Christian Ehrensberger,

V.l.n.r.: Klaus Höckner, Walter Haas, Roland Wernik, Johannes Tiefenthaler, Clemens Deisl, Christopher Deisl, Christian Ehrensberger,

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Beton gilt als heimlicher Klimakiller. Er ist - je nach Quelle - für sechs bis acht Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Das ist mehr, als der globale Flugverkehr verursacht. Das Brennen von Zement, dem Hauptbestandteil von Beton, ist nicht nur sehr energieaufwendig. Durch chemische Prozesse entsteht in der Produktion Kohlendioxid. Die Branche arbeitet darum an Lösungen, CO2 einzusparen. Ein Forschungsprojekt in Salzburg zeigt nun auf, wie das möglich wäre.

Erstmals in Österreich wird Recycling-Beton aus Abbrucharbeiten mit CO2 angereichert und dem Frischbeton beigemengt, um auf diese Weise Kohlendioxid dauerhaft einzulagern. In Tenneck im Salzburger Pongau hat dazu eine mobile Anlage des Schweizer Start-ups "Neustark" den Pilotbetrieb aufgenommen. "Beton bindet in Poren an der Oberfläche Kohlendioxid aus der Umgebungsluft. Das passiert aber sehr langsam und auf natürliche Weise nur auf einem niedrigen Niveau. Wir beschleunigen diesen Prozess auf wenige Stunden", erklärte Neustark-Geschäftsführer Johannes Tiefenthaler am Freitag bei einem Pressegespräch.

Bei dem Verfahren wird Betonabbruch zunächst zu Betongranulat zerkleinert und in großen Behältern mit hoch konzentriertem CO2 versetzt. "Das Granulat verdrängt die leichtere Luft im Container und reagiert mit dem CO2 zu Kalkstein", sagte Tiefenthaler. Das Treibhausgas werde so dauerhaft gebunden. Das angereicherte Granulat ersetzt Sand und Kies und kann dem Frischbeton beigemengt werden. Und es hat einen weiteren entscheidenden Vorteil: "Man braucht bis zu zehn Prozent weniger Zement, ohne dass darunter Festigkeit und Haltbarkeit des Betons leiden."

Für den zunächst auf drei Wochen anberaumten Testbetrieb der Neustark-Anlage in Salzburg haben sich im Zuge des Forschungsprojekts "CO2 max" die gemeinnützige Wohnbaugesellschaft Salzburg Wohnbau, das Betonwerk Deisl aus Hallein und das Kies- und Recycling-Werk Ehrensberger aus Tenneck zusammengetan. Sie kooperieren zudem mit der Bautechnischen Versuchs- und Forschungsanstalt Salzburg (bvfs) und werden vom Land Salzburg unterstützt.

Pro Tag sollen in Tenneck nun 100 bis 120 Tonnen Recyclingbeton mit CO2 angereichert werden. Dabei soll etwa beobachtet werden, wie sich die Beimischung des Granulats auf unterschiedliche Betonqualitäten auswirkt. Das benötigte Kohlendioxid wird als Abfallprodukt von einer Bioethanolanlage in Tulln (NÖ) angeliefert und für den Transport verflüssigt. Aktuell können rund 10 Kilogramm CO2 in einem Kubikmeter Beton gebunden werden. Dieser Wert soll allerdings in Zukunft noch vervielfacht werden.

Wirtschaftlich ist das Verfahren auch, weil für die negativen Emissionen - das CO2 wird der Luft entnommen - Zertifikate ausgestellt werden, die an die Kunden von Neustark übertragen werden. Diese Zertifikate können andere Unternehmen kaufen, um die eigene Klimabilanz zu verbessern. "Das macht das Ganze interessant für den Handel von CO2-Zertifikaten", sagte Salzburg-Wohnbau-Geschäftsführer Roland Wernik. Der Bauträger wird bei einer neuen Wohnanlage erstmals in den CO2-Zertifikatshandel einsteigen und die Erträge daraus den Errichtungskosten gutschreiben.

Auch die beiden Projektpartner setzen viele Hoffnungen in das Projekt: "Wir haben hier in Tenneck zwar genügend natürliche Ressourcen, aber auch diese sind nicht unerschöpflich. Wir wollen Altbaustoffe darum so gut wie möglich in den Kreislauf zurückführen", sagte Clemens Deisl, Geschäftsführer von Deisl-Beton. Und Christian Ehrensberger vom gleichnamigen Kies- und Recycling-Werk in Tenneck betonte, es sei sein Ziel, irgendwann einmal 100 Prozent der eingesetzten Baustoffe wiederzuverwenden.