Gastbeitrag : Nachhaltigkeitsberichtspflicht auch für KMU kommt - am besten JETZT angehen!

Thomas Dorner

Thomas Dorner ist Unternehmensberater und seit mehr als 20 Jahre mit der Stahlbau- und Baubranche eng verbunden.

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„Don´t stop thinking about tomorrow“ – Diese Textpassage entspringt der Feder der britisch-US-amerikanische Rockband Fleetwood Mac und passt zweifellos zu einem der dominierenden Themen unserer Zeit: Nachhaltigkeit.

Im April 2021 hat die Europäische Kommission ihren Vorschlag für eine «Corporate Sustainability Reporting Directive, CSRD» veröffentlicht, die die bisher geltende «Non-Financial-Report-Directive, NFRD» ersetzen soll. Die Verabschiedung der neuen Richtlinie auf EU-Ebene sollte mit Q3/2022 erfolgen und muss anschließend noch in nationales Recht umgesetzt werden. Nach aktuellem Zeitplan sollen die Regelungen ab dem 01.01.2024 rückwirkend für das Geschäftsjahr 2023 gelten.

Was die geplanten Änderungen beinhalten und wie Unternehmen damit am besten umgehen, waren die Themen des am 12. Jänner 2022 durchgeführten Nachhaltigkeitstalks „Vom Nice-To zum Must-Have“ – Nachhaltigkeitsberichtspflichten für nicht-börsennotierte Unternehmen, den getready.now gemeinsam mit Expert*innen der TPA Steuerberatungskanzlei und Raiffeisenbank International veranstaltete.

Wer zukünftig unter die Berichtspflicht nach CSRD fällt

Der Richtlinie zielt auf eine deutliche Ausweitung des Kreises der berichtspflichtigen Unternehmen ab. Sie macht damit zukünftig einen großen Kreis an Unternehmen betreffend ihres ökologischen und sozialen Fußabdrucks rechenschaftspflichtig:

• Alle (großen) Unternehmen, unabhängig einer Kapitalmarktorientierung, die zwei der drei Kriterien erfüllen: Bilanzsumme von über 20 Millionen Euro, Nettoumsatzerlöse von über 40 Millionen Euro, Zahl der Beschäftigten im Jahresdurchschnitt ab 250 Mitarbeiter*innen

• Alle kapitalmarktorientierten kleinen und mittleren Unternehmen (ausgenommen Kleinstunternehmen)

Die Berichterstattung auf Konzernebene soll weiterhin die Töchter von der Berichtspflicht entbinden, sofern das Tochterunternehmen auf den Konzernbericht verweist.

Bezugsrahmen

Mit der CSRD werden neue Anforderungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung eingeführt. Danach müssen Unternehmen unter anderem umfassend über die Auswirkungen der Geschäftstätigkeit auf Nachhaltigkeitsaspekte sowie über Geschäftsstrategien und -prozesse zur Erreichung von Nachhaltigkeitszielen berichten.

Dies umfasst auch Informationen über den Due-Diligence-Prozess zu Nachhaltigkeitsaspekten und über die Wertschöpfungskette. Informationen sollen zukünftig nach dem Prinzip der doppelten Wesentlichkeit offengelegt werden. Somit müssen Unternehmen die Wirkung von Nachhaltigkeitsaspekten auf die wirtschaftliche Lage des Unternehmens festhalten (outside-in), als auch die Auswirkungen des Betriebs auf die Nachhaltigkeitsaspekte verdeutlichen (inside-out).

Weiters sieht der Kommissionsvorschlag vor, zukünftig die Digitalisierung von Nachhaltigkeitsinformationen einzuführen. Dadurch könnte der Aufwand für Unternehmen in der Berichtserstattung minimiert und gleichzeitig der Zugang zu Nachhaltigkeitsdaten für Anleger und andere Interessensträger erleichtert werden.

Neue EU-Standards

Der Vorschlag zur CSRD gibt auch vor, die Berichtserstattung im Einklang mit den verbindlich vorgeschriebenen EU-weiten Standards gemäß der «European Financial Reporting Advisory Group, EFRAG» durchzuführen. Diese sind zwar noch in Entwicklung, sollten aber per Zeitpunkt der Umsetzung in nationales Recht vorliegen und beinhalten:


Angaben zu den sechs Umweltzielen der EU (Struktur für die Taxonomie):

1. Klimaschutz
2. Anpassung an den Klimawandel
3. Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
4. Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft
5. Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung
6. Schutz und Wiederherstellung der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme



Angaben zu gesellschaftlichen Aspekten:

Chancengleichheit für alle, einschließlich Gleichstellung der Geschlechter und gleiches Entgelt für gleiche Arbeit, Ausbildung und Qualifizierung sowie Beschäftigung und Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen

Arbeitsbedingungen, einschließlich sicherer und anpassungsfähiger Arbeitsplätze, Löhne, sozialer Dialog, Kollektivverhandlungen und Beteiligung der Arbeitnehmer, Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben sowie einer gesunden, sicheren und gut angepassten Arbeitsumgebung

Achtung der Menschenrechte, Grundfreiheiten, demokratischen Grundsätze und internationalen Standards

Angaben zu Governance-Aspekten:

Rolle der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane des Unternehmens. Auch in Bezug auf Nachhaltigkeitsbelange und ihre Zusammensetzung.
Unternehmensethik und Unternehmenskultur, einschließlich Korruptions- und Bestechungsbekämpfung

Politisches Engagement des Unternehmens, einschließlich seiner Lobbying-Aktivitäten Management und die Qualität der Beziehungen zu Geschäftspartnern, einschließlich der Zahlungspraktiken

Interne Kontroll- und Risikomanagementsysteme des Unternehmens, auch in Bezug auf den Berichterstattungsprozess des Unternehmens

Welche Informationen zu berichten sind

Die offen zu legenden Informationen sollen rückblickende und zukunftsorientierte sowie qualitative und quantitative Informationen beinhalten. Weiters gegebenenfalls auch Informationen über die Wertschöpfungskettedes Unternehmens inklusive der eigenen Geschäftstätigkeit, Produkte bzw. Dienstleistungen, seiner Geschäftsbeziehungen und seiner Lieferkette.

• Beschreibung des Geschäftsmodells und der Strategie
• Ziele und Fortschritte in Bezug auf die Nachhaltigkeitsbelange
• Rolle der Verwaltungs- Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane
• Beschreibung der Unternehmensrichtlinien in Bezug auf Nachhaltigkeit
• Beschreibung des Due-Diligence-Verfahrens
• Ergriffene Maßnahmen und das Ergebnis der Maßnahmen
• Risken des Unternehmens in Bezug auf die Nachhaltigkeitsbelange
• Relevante Indikatoren

Darüber hinaus soll das berichtspflichtige Unternehmen auch Informationen über immaterielle Vermögenswerte, einschließlich Informationen über Intellektuelles, Human-, Soziales und Beziehungs-Kapital, offenlegen.

Digitale Offenlegung und externe Prüfpflicht

Berichtspflichtige Unternehmen sollen nicht mehr wählen können, wo sie die Informationen veröffentlichen. Zukünftig hat eine verpflichtende Darstellung der Nachhaltigkeitsinformationen als Teil des Lageberichts zu erfolgen und eine Veröffentlichung in ESEF (European Single Electronic Format) innerhalb eines Jahres nach dem Bilanzstichtag gemeinsam mit Finanzinformationen.

Aber auch bei der Prüfpflicht soll sich etwas ändern. So soll die freiwillige Prüfung, einer verpflichtenden Prüfung mit begrenzter Sicherheit «limited assurance, ISAE 3000», zur Erhöhung der Qualität erfolgen. Mittelfristig soll eine Prüfung mit hinreichender Sicherheit «reasonable assurance» vorgesehen werden.

Was nicht-berichtspflichtige Unternehmen erwarten können
Die Ausweitung der Berichtspflichten werden sich auch auf Unternehmen auswirken, die nicht von der Nachhaltigkeitsberichtspflicht betroffen sind. Durch indirekte Effekte erhöht die Verordnung nämlich den Druck auf Unternehmen über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg. Das bedeutet, dass berichtspflichtige Unternehmen bei der Auswahl ihrer Geschäftspartner und Zulieferer verstärkt auf den Nachhaltigkeitsaspekt achten werden. Folglich werden sich nicht berichtspflichtige Unternehmen ebenfalls mit der Einhaltung der Umweltziele im Sinne der EU-Taxonomie-Verordnung beschäftigten müssen, um weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben.

Grünes Image als Vorteil bei Banken

Da sich Banken intensiv mit ESG beschäftigen kann davon ausgegangen werden, dass sie zukünftig von Unternehmen in verschiedenen Ausprägungen eine Einschätzung der eigenen ESG-Themen erwarten. Diese können von einfachen Checklisten bis zu komplexeren Datensätzen reichen. Derzeit ist eine solche Abfrage nur bei „nachhaltigen“ Krediten bekannt. Allerdings müssen sich Banken selbst einem Stresstest unterziehen, bei welchem geprüft wird, inwiefern ESG-Risiken bei Kreditvergaben berücksichtigt wurden. Eine aktive Nachhaltigkeitsorientierung begünstigt die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens langfristig.


Drei Tipps für die nicht-finanzielle Berichtserstattung


Beginnen Sie JETZT

Warten Sie mit Ihrer CSR-Strategie nicht, bis es zu spät ist. Sorgen Sie bereits jetzt dafür, dass Sie eine gute Datengrundlage für den Nachhaltigkeitsbericht haben. Der erste Bericht auf Grundlage der CSRD muss nach heutigem Stand im Jahr 2024, basierend der Daten aus dem Geschäftsjahr 2023, veröffentlicht werden.

Integrieren Sie Nachhaltigkeit in Ihre Unternehmensstrategie

Da der Nachhaltigkeitsbericht zukünftig zusammen mit dem Lagebericht Ihres Unternehmens zu veröffentlichen ist, wird er von Stakeholdern stärker wahrgenommen werden. Durch das Einbinden Ihrer CSR-Strategie, in ihre Unternehmensstrategie können Zielkonflikte vermieden werden und fließen Nachhaltigkeitsaspekte ganzheitlich in die gesamte Wertschöpfung und in die Kultur des Unternehmens ein. Positive Synergieeffekte inklusive.

Nutzen Sie die Entwicklung als Chance für Ihr Unternehmen

Ganz gleich ob zukünftig verpflichtend oder weiterhin freiwillig, bieten sich eine Vielzahl neuer Chancen, die Sie strategisch und operativ nutzen können. Durchleuchten Sie Ihr Geschäftsmodell, Ihre Wertschöpfungskette und Ihre Prozesse. Leiten Sie daraus Ihre konkreten nächsten Schritte für mehr Zukunftsfitness und Wettbewerbsstärke ab. Bauen Sie Ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten bewusst in Ihre Kommunikation ein. Bleiben Sie für Kunden und Geschäftspartner interessant, stärken Ihre Arbeitgebermarke und heben Sie sich somit bewusst von Ihren Mitbewerbern ab.