SOLID 03/2022 : Pipelines, Brücken, Qualitäten

Zeelink Pipeline Bau

Der Pipeline-Bau ist eines der Spezialthemen, die von er Habau Group abgebildet werden.

- © Joel Kernasenko

Wir erwischen den Habau Group-CEO zum Videotelefonat zum Thema passend im Auto nach München. Üblicherweise, sagt Hubert Wetschnig, sei er regelmäßig im Ausland in den Niederlassungen und auf den Baustellen. In der Coronazeit habe sich das zwar relativiert („außer es war dringend notwendig, dann bin ich auch mit dem Auto nach Frankfurt oder nach Ungarn gefahren“). In den weiter entfernten Ländern wäre er ca. zwei Mal im Monat.

Die Strategie, die die Habau Group in den ausländischen Märkten verfolge, sei sehr klar, sagt Wetschnig. Von der gesamten Konzernleistung (das Geschäftsjahr 2021 ist noch nicht abgeschlossen, 2020 waren es 1,6 Milliarden Umsatz) liegt der Schwerpunkt nach wie vor auf Österreich mit 70 und Deutschland mit 20 Prozent.

„Und die restlichen 10 Prozent verteilen sich auf die fremden Märkte, wo wir in der Regel Projektgeschäft machen, wo wir uns immer die Frage stellen Welchen Mehrwert bringen wir in dieses Land, in diesem Markt ein? Warum haben wir eine Chance, uns da durchzusetzen?“ Denn eines habe man natürlich nie, wenn man in ein neues Land oder einen neuen Markt geht, nämlich die Marktkenntnis der lokalen Firmen.

Deutschland: Österreichische Stärken ausspielen

In Deutschland hat die Habau drei Unternehmen: Die Firma selber sitzt in Nähe von Leipzig, dazu kommt die Firma Hans Holzner in Rosenheim in Bayern und dann gibt es mit der PPS ein ca. 200 Millionen Euro Umsatz schweres Unternehmen in der Nähe von Bremen, das sich auf Pipelinebau, also Öl- und Gasunternehmen spezialisiert. Darüber hinaus gibt es viele Aktivitäten in Deutschland, die von Österreich aus gesteuert werden mit der „Speerspitze“ des Großprojekts der Umfahrung um Berlin Richtung Hamburg, das bis Ende 2022 fertig sein soll. Für die Havellandautobahn bekam die Habau Group auch 2021 einen SOLID Bautechpreis in der Kategorie Digitalisierung. Wetschnig: „Solche Dinge gibt es immer wieder und wir sind in Deutschland ja auch noch mit unseren Töchtern ÖSTU-Stettin im Tunnel- und MCE im Stahlbrückenbau aktiv und sehr erfolgreich.“

In Deutschland, so ist unser Eindruck, der nicht nur für die Habau Group gilt, sind österreichische Firmen aus zwei Gründen besonders gefragt: zum einen aufgrund ihrer Expertise und des Knowhows und auch manchmal, weil Österreicher in manchem vielleicht etwas flexibler sind als Deutsche. Zweiteres würde der Habau-Chef so nie bestätigen, allerdings sieht er einen anderen wesentlichen und strukturellen Grund:

„Wir haben in Deutschland schon sehr geschätzte Kompetenz. Und was in Deutschland immer mehr abhanden gekommen ist, ist die Bereitschaft die Arbeit auch selbst zu machen – also sie nicht nur bei Subunternehmern einzukaufen und wieder zu verkaufen, sondern wirklich selbst gewerbliche Mitarbeiter herauszubringen.“ Das gelte vor allem auch für Projekte im Pipelinebau. „Dort schicken wir uns unsere Geräte mit Fahrern bis zum Projekt hinauf. Wir schauen, dass wir eine hohe Wertschöpfung haben und schließlich auch als Bauunternehmen gelten.“

Eine der historisch gewachsenen Geschichten der Habau sei auch, dass man sehr früh draufgekommen sei, dass man mit einem hohen Maß an maschineller Leistung einen Vorteil hat. „Ich bin überzeugt, in Österreich haben wir den besten und größten Gerätepark im Erdbaubereich. Das ist schon vom Sohn des Firmengründers ausgegangen und hält sich bis jetzt.“ Und das dritte sei, „dass die Österreicher schon Österreicher sind. Wir schauen, dass sehr flexibel sind und Lösungen finden, wo sie nicht jeder findet. Und das wird schon gerne gesehen.“ Das funktioniere auch in PPP-Projekten besser als erwartet und zunehmend partnerschaftlich. „Aber das liegt natürlich an den handelnden Personen.“

Entscheidend sei es, den richtigen Mix zu finden zwischen Österreichern und Lokalen, „sonst laufen uns auch die Kosten davon.“

Tochter MCE ist im Stahlbrückenbau sehr erfolgreich - hier eine Eisenbahnbrücke in Äthiopien.

- © Habau Group

Die Havellandautobahn ist das bisher größte Auslandsprojekt der Gruppe im wichtigsten Auslandsmarkt.

- © Albrechts Beste Bilder

Habau-CEO Hubert Wetschnig

- © Habau

Projektmärkte: „Was können wir an Mehrwert dort einbringen?“
Alle anderen Märkten außer Österreich und Deutschland sind für die Habau Projektmärkte ohne eigene stehende Organisation vor Ort. Wetschnig: „Dort überlegen wir uns immer: was haben wir denn für Kompetenzen und Spezialleistungen, die einen Mehrwert in den Markt bringen?“ Ein Beispiel dafür ist der Tunnelbau, den zwar auch der heimische Mitbewerb abdecke, der aber im Land selber oft nicht vorhanden ist. Im Tunnelbau habe man aber noch eine Spezial Leistung als einziges Unternehmen in Österreich. „Das ist ein spezieller Schachtbau, bei dem sehr tiefe Schächte stahlbautechnisch ausgekleidet werden. Da haben wir eine eigene Schlosserei in Leoben, von wo aus wir wirklich weltweit Leistungen für internationale Baukonzerne anbieten.“ Dazu kämen auch noch Stahlschalungen, die ebenfalls aus diesem Stahlbauunternehmen heraus generiert werden.

Eine langjährige und international wertvolle Tradition weist die Habau Group im Pipelinebau auf. Dort habe man „die totale durchgehende Kompetenz von der Schweißtechnik über Rohrbau und Tiefbau mit allem, was dazu gehört“. Der Stahlbrückenbau ist eine der Kompetenzen, die „in den Ländern gut nachgefragt sind und bei der MCE auch noch der Anlagenbau. Wir sind da teilweise doch in Ländern, wo man uns nicht vermutet, etwa in Frankreich und in Spanien.“

Im Tunnelbau sind es wiederum andere Länder, in denen die Habau ihre speziellen Kompetenzen einbringt, etwa Alto Maipo in Chile, wo Schachtbau als ganz spezielles Produkt seit 2016 in einem internationalen Konsortium gemacht wird. „Wir sind aber auch in Serbien unterwegs. Dort haben wir ungefähr eineinhalb Stunden südlich von Belgrad für eine kanadische Minengesellschaft einen klassischen Tunnelbau gemacht. Die kanadische Minengesellschaft kannten wir von einem anderen Land und sie schätzt unsere Leistungen und so kommt man weiter.“ Ein weiteres Beispiel ist Norwegen, wo wir gefragt wurden, weil die Länder im Norden zwar hohe Kompetenz im Hartgestein haben, aber wenn es Lockergestein gibt, wissen Sie eigentlich nicht genau, wie sie damit umgehen.

Wichtig sei ein gutes Netzwerk in diesen Regionen. „Entweder ist es ein Kunde, den wir kennen, oder es sind bekannte Konsortien, auf die wir schauen können.“

Rumänien: „Fühlen uns nicht wie eine Bank“

Im Pipelinebau ist es vor allem Rumänien, das neben Deutschland eine zentrale Rolle spielt. „Dort sind wie seit 10 bis 15 Jahren im Öl- und Gasgeschäft. Wir haben einen regionalen Geschäftsführer, der Österreicher ist, aber auch Rumänisch spricht. Von dort aus machen wir nur Öl und Gas und zum Beispiel jetzt auch wieder ein Projekt in Serbien an der Grenze zu Rumänien.“

Rumänien wird auch nach Auskunft von Strabag SE-Vorstand Peter Krammer oft von der Gesetzeslage her unterschätzt, weil man dort etwa im Bezug auf Preisgleitungen wesentlich besser dran wäre als in manchen anderen Ländern wie Kroatien (siehe dazu der betreffende Artikel auf den Folgeseiten). Hubert Wetschnig dazu: „Das ist absolut absolut richtig, wobei man hier schon kämpft mit der Situation, weil die Firmen finanziell so schwach sind, dass man immer schauen muss, wie schafft man es, wenn diese Firmen für uns als Nachunternehmer Teilleistungen erbringen und der Kunde einmal ein halbes Jahr nicht zahlt? Wir fühlen uns halt so gar nicht wie eine Bank und sollen trotzdem schauen, dass alle Projektpartner am Leben bleiben. Da ist die Begeisterung nicht sehr hoch bei uns.“

Auf jeden Fall bliebe man dort ausschließlich im Pipelinebau und plane keine Ausweitung Richtung Straßen- oder Eisenbahnbau, weil da doch mehr Hindernisse und Entscheidungsnotwendigkeiten vom Kunden auftreten könnten und durch den häufigen Personalwechsel nicht nur in den Ministerien, sondern auch auf Beamtenebene sehr große Probleme entstehen würden.

Ein weiterer Grund für Pipeline und damit großteils für den Kunden Petrom liege am guten Kontakt zum Vorstand der Petrom-Mutter OMV, wo man „schon über die Mutter in Österreich den Druck aufbauen kann, dass man zumindest fair behandelt werden. Wir wollen ja nichts geschenkt haben, aber fair behandelt werden.“

Weitere Themen in Entwicklungen sind Tschechien und Polen, aber auch Indonesien, Sri Lanka, Ghana, Äthiopien oder Laos. „In all diesen Ländern sind wir unterwegs. In der Regel sind das von der österreichischen Kontrollbank finanzierte Projekte und das Geld verlässt Österreich nicht.

In Deutschland ist für uns noch genug Luft und es gibt viele Regionen, in denen wir noch nicht tätig sind. Das Thema dabei ist aber das Mitarbeiterthema. Aus meiner Sicht wird noch weniger Bereitschaft da sein, flexibel woanders hinzugehen.
Hubert Wetschnig, CEO Habau Group

Wachstumsthema Mitarbeiter
Und für die Zukunft? Wetschnig: „Meine Einschätzung ist, dass man in Österreich schauen muss, dass man die Positionen verteidigt, indem man die Hausaufgaben macht. Wo für uns ein Wachstumsmarkt ist, ist auf jeden Fall Deutschland. In Deutschland ist für uns noch genug Luft und es gibt viele Regionen, in denen wir noch nicht tätig sind. Das Thema dabei ist aber das Mitarbeiterthema. Aus meiner Sicht wird noch weniger Bereitschaft da sein, flexibel woanders hinzugehen. Und deshalb müssen wir umso mehr regional aufgestellt sein und das heißt: einige regionale Firmen zu kaufen. Und international wollen wir im Brückenbau und Pipelinebau noch mehr machen. Auch China ist für uns kein No-Go. Aber halt immer mit einem speziellen Produkt für einen Kunden, so dass wir es auch beherrschen können.