Bürocheck : In nobler Gesellschaft

Felix Friembichler hatte schon viele Büros. Sein Berufsleben begann in Holzbaracken auf verschiedenen Baustellen. „Das waren richtige Wohlfühlarbeitsplätze im Vergleich zu den fürchterlichen Containern, die danach kamen“, grinst der Geschäftsführer der VÖZ. Später arbeitete Friembichler in verschiedenen Bürohausneubauten der PORR, bevor er seinen Posten in der Wiener Reisnergasse antrat.

Sein Schreibtisch steht in einem Gebäude, das vor rund 150 Jahren als Palais errichtet wurde. „Das Einzige, was mir hier abgeht, ist der Blick aufs Obere Belvedere, den ich in meinem früheren Büro hatte“, erklärt Friembichler und fühlt sich in dem alten Gebäude überaus wohl. Schließlich hat er sich die Ausstattung seines Büros selbst ausgesucht. „Da war ich schon eitel, und habe das Büro – bis auf den Fußboden – neu eingerichtet.“ Um das alte, reich strukturierte Parkett wäre es freilich auch schade gewesen.

Einen gewissen stilistischen Kontrast dazu bilden die modernen Gemälde an der Wand. „Die alten Meister kann man sich nicht leisten, so muss man nach jungen Künstlern suchen“, sagt der VÖZ-Geschäftsführer. Hauptsache, es gefällt und passt in den Raum. Dass nicht allzu viel Sonnenlicht bis zu seinem Büro im Erdgeschoss vordringt, stört ihn nicht. Die zwei Deckenfluter gleichen dieses Manko mit angenehm gleichmäßigem Licht aus.

Wenig Beton.

Viel der einstigen Pracht ging allerdings bei einem Bombentreffer im Zweiten Weltkrieg verloren. Die Balustrade war herabgestürzt und von der einst reich gegliederten Fassade ist beim Wiederaufbau nach dem Krieg kaum etwas übrig geblieben. Der große Besprechungssaal mit seiner braunen Holzvertäfelung stammt unverkennbar aus einer Zeit, die nicht unbedingt für die Hochblüte von Baukultur und Innenarchitektur bekannt ist: den 1950er-Jahren. Wer bei der VÖZ jedoch nach Beton sucht, muss genau hinsehen. Lediglich eine Skulptur im Vorgärtchen und eine Eule am Gang symbolisieren das eigene Schaffen. Zugegeben: Eine Sichtbetonwand im altehrwürdigen Gemäuer wäre wohl genau so unpassend, wie mancher Eingriff beim Wiederaufbau.

„Es wird Zeit, ein bisschen zu investieren“, meint Friembichler. Die Infrastruktur und Fassade wären langsam fällig. Den Spagat zwischen mehr Energieeffizienz und der Erhaltung des Erscheinungsbildes zu schaffen, wird allerdings aufwändig. Eine Wärmedämmung sollte machbar sein, doch die Sanierung der Holzfenster könnte sich schwierig gestalten, speziell bei den hohen Fenstern mit den halbkreisförmigen Oberlichten im Erdgeschoss. Gerade diese – vom wilden Wein umrankte – Fensterreihe sorgt noch heute für viel Flair.

Einige Zeugnisse der Vergangenheit sind im Gebäudeinneren erhalten. Die Treppe mit einem wuchtigen Geländer aus Holz und Schmiedeeisen, der Kamin im kleinen Besprechungszimmer und vereinzelte Reste von Stuck erinnern noch heute an die einstige Verwendung als luxuriöses Wohngebäude. Geblieben ist auch die gute – zentrale und ruhige – Lage im Wiener Botschaftsviertel. Von der prominenten Nachbarschaft bekommt Friembichler allerdings nur selten etwas mit. Nur wenn gefeiert wird und die Straße von dicken Limousinen verstopft sind, oder wenn für ganz besondere Gäste wie Wladimir Putin die ganze Gegend abgesperrt wird.

Ökologische Sorgen.

Weniger gut dagegen stellt sich die aktuelle Lage der heimischen Zementindustrie dar. „Geht es der Baubranche gut, geht es uns gut. Wenn nicht, spüren wir das unmittelbar“, runzelt Friembichler die Stirn. Die Wirtschaftskrise führt zu Produktionsrückgängen. Durch das relativ geringe Fassungsvermögen der Zement-Siloanlagen ist es kaum möglich, auf Vorrat für bessere Zeiten zu produzieren.

Zusätzlich könnte die europäische Klimaschutzpolitik der Branche schwer zusetzen. „Wir wehren uns nicht gegen den Klimaschutz und Zertifikate, sondern gegen eine zu befürchtende Ungleichbehandlung“, erklärt Friembichler. „Wenn wir Zertifikate in einem vernünftigen Ausmaß beziehungsweise zu vernünftigen Kosten bekommen, wird das kein Problem sein. Wenn wir aber voll zahlen müssen, die nordafrikanische Zementindustrie aber nicht, dann wird die Sache für die europäische Zementindustrie eng.“ (Robert Koch)

Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie, WienBaujahr: ca. 1860Architekt: unbekanntWandaufbau: VollziegelGebäudenutzung: Büros, Veranstaltungsräume, LaborBezugsjahr: 1953Bürofläche insgesamt: 1657 m2 inklusive LaborBürogröße Chefbüro: 25 m2MitarbeiterInnen: 27Heizsystem/Haustechnik: Fernwärme-Zentralheizung Klima-/Lüftungsanlage: teilweise im Laborbereich