Österreich : Blockchain am Bau - das sagen Birtel, Strauss & Co. dazu

Es ist ja schon sehr kryptisch und auch ein bisschen absurd. Tag für Tag hyperventilieren Banken und Finanzmarktaufsicht auf der einen und Digitalisierungsfans und Fortschrittsgläubige auf der anderen Seite zum Thema Bitcoin-Hype. Die Botschaften gehen von Weltuntergangswarnungen für Bitcoin-User (vor allem Käufer zum jetzigen Zeitpunkt) bis zu "die Banken wollen nur ihre Pfründe sichern" auf der anderen Seite. Dazwischen jede Menge Glücksritter, Interessierte und vor allem verwirrte Menschen.

Und es ist ja auch wahrlich ein kompliziertes Thema. Verschärft wird die Sache nämlich dadurch, dass die mit Bitcoin (und anderen digitalen Währungen) verknüpfte Technologie Blockchain für die Bauwirtschaft mehr als nur interessant ist. Sie könnte nämlich, während die meisten bei Digitalisierung noch an BIM und bei BIM an erweitertes 3D-Modeling denken, den gesamten Ablauf von Projekten tatsächlich grundlegend verändern.

Strabag- und Porr-CEOs sind interessiert

Dass das mehr ist als bloße Spinnerei, ergab ein kurzer Rundruf bei den Chefs der beiden größten österreichischen Baukonzerne. So meinte Strabag-Chef Thomas Birtel, wahrlich nicht bekannt als spekulationsfreudig vor dem Herrn: "Die Technologie der Blockchain hat das Potenzial zu disruptiven Innovationen - also dazu, Branchen grundlegend zu verändern, auch die Baubranche. Insbesondere für das Supply Chain Management stellt Blockchain ein enormes Potenzial dar. Bereits am Anfang einer Supply Chain können Waren bis zum Letztverbraucher lückenlos nachverfolgt werden. Somit ist eine enorme Verbesserung beim Tracking von Aufträgen und Transportwegen möglich. Dadurch ließen sich Baustellen besser planen; Blockchain bietet damit für das zukünftige Bauen – im Zeitalter von BIM – einen erheblichen Mehrwert. Voraussetzung ist aber natürlich, dass sich alle beteiligten Stakeholder auf diese Methode verständigen – das ist aber in unserer Branche leider oft auch die große Hürde für neue Lösungen."

Und Porr-Chef Karl-Heinz Strauss, seines Zeichens aus der Finanzlandschaft kommend: "Das Wort Blockchain ist derzeit in aller Munde – vor allem im Zusammenhang mit der Kryptowährung Bitcoin. Tatsächlich geht der Anwendungsbereich von Blockchains weit über Kryptowährungen hinaus. Denken Sie nur an Smart Contracts oder die Energiewirtschaft, die sich derzeit intensiv mit dem Thema Blockchain-Technologie beschäftigt. Einige Experten sehen in Blockchains sogar das Potenzial, den gesamten Wirtschaftskreislauf zu verändern. Vor diesem Hintergrund beobachten wir in der PORR im Zuge unserer digitalen Offensive die aktuellen Entwicklungen natürlich sehr genau." Aus diesen beiden Statements spricht Interesse, aber auch eine gewisse Vorsicht.

Neutraler Experte von Horvath & Partners: "Sicherheit wird durch Risiko erkauft"

Gar nicht so leicht auf jeden Fall, eine neutrale Stellungnahme zum Thema zu bekommen. SOLID wurde schließlich aber doch bei jenem Unternehmen fündig, das kürzlich eine interessante Studie zur Neuausrichtung der Bauwirtschaft veröffentlicht hat ("Transparenz ist der erste Riesenschritt", SOLID 12/2017). Wir fragten den in Deutschland tätigen Experten Matthias Deeg, welche Möglichkeiten und welche Risiken er generell in der Blockchain-Technologie sieht und was sie speziell für die Bauwirtschaft bringen könnte. Deeg: "Generell ermöglicht die Blockchain Technologie Peer-to-Peer Transaktionen ohne Intermediäre. Durch die Transparenz der für alle Teilnehmer/Beteiligten sichtbaren Blockchain wird Informationssicherheit (da es keine Manipulation gibt) und Herkunft der Information gewährleistet."

Die Blockchain-Technologie garantiere, dass Transaktionsdaten weder gelöscht noch manipuliert werden können. Hier setzt Deeg allerdings ein kleines Fragezeichen: "Zumindest heute bietet die Technologie Sicherheit, ob dies auch in Zukunft so sein wird, ist unsicher. Die Sicherheit wird durch einen hohe Aufwand in Form von Rechenleistung für Verschlüsselung der Daten und Verteilung der Daten auf verschiedene Rechner erkauft. Generell bietet die Blockchain aber ein enormes Potenzial, Verwaltungskosten zu reduzieren und im Bereich Daten - und Werte-/Geldaustausch Automatisierungen zu ermöglichen.

Doch es bleiben einige Problem- und Knackpunkte. Matthias Deeg: "Die Vorteile der digitalen Sicherheit werden durch zahlreiche Risiken erkauft: Es fehlt eine zentrale Instanz, welche Regeln für die Transaktion und die Werteentwicklung steuert. Eine hohe Anzahl an Transaktionen erfordert viel Datentransfer und Energie für Rechenleistung. Es gibt viel Diskussion darüber auch, dass nicht vorgesagt werden kann welche Auswirkungen es hat, daß zwischen 60 und 80% der Knoten und damit der bereit gestellten Rechenleistung für die Verschlüsselung der Daten in China zur Verfügung gestellt werden."

>> den gesamten Artikel sowie unter anderem auch einen Artikel über die Schweiz als digitalen zwilling finden Sie im ePaper von SOLID - Wirtshcaft und Technik am Bau, Ausgabe 02/2018 <<