Österreich : Wienwert-Masseverwalter: Vorstand musste schon 2013 von Pleite wissen

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Die Immobiliengruppe Wienwert hat es auf die viertgrößte Firmenpleite des Jahres 2018 gebracht. Viele Anlegermillionen sind weg. Ein Bericht des Insolvenzverwalters liefert nun Munition für Schadenersatzklagen. Masseverwalter Norbert Abel kommt laut "Presse" zum Schluss, dass der Vorstand spätestens Anfang 2013 von der drohenden Pleite gewusst haben sollte.

Mit zwei Sachverständigen hat Insolvenzverwalter Abel zwei Terabyte Datenmaterial der Wienwert-Gruppe ab 2011 bis zur Insolvenz im Februar 2018 sowie 40.000 E-Mails analysiert. Demnach habe kein Einzelereignis - etwa das Scheitern eines großen Immobilienprojekts - Schulden in Höhe von knapp 90 Mio. Euro verursacht, die als Forderungen angemeldet wurden (nur 36,5 Mio. Euro hat Abel bisher anerkannt). Vielmehr sei an allen Ecken und Enden dilettiert und getrickst worden, bis die Gruppe wie ein Kartenhaus zusammenbrach, heißt es in der Zeitung (Donnerstag). Abel zufolge war "nicht das Geschäftsmodell selbst" (Ankauf von Altbauzinshäusern, Sanierung und Wiederverkauf) "verlustbringend, sondern die Art und Weise, wie es betrieben wurde".

Abgesehen vom Vorwurf fehlender mittelfristiger Projektplanung und fehlendem Controlling kommt Abel anhand ausgewählter Immo-Projekte zu weiteren, laut Zeitung mutmaßlich auch strafrechtlich relevanten, Ergebnissen: So habe es "gesetzwidrige Verrechnungen und Gewinnausschüttungen" an die Gesellschafter gegeben. Ungereimtheiten ortete der Bericht bei der Bewertung der Marke Wienwert - und deren Verkauf an die WW Holding (das hatte schon 2016 zu einer Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft/WKStA geführt) . Eigentümer und Vorstände hätten "die Verrechnungskonten der WW Holding und diverser Tochterfirmen auch für die Abdeckung privater Kosten - Urlaube, Autos und Boote - genützt", wird aus dem Bericht zitiert, der am Dienstag dem Gläubigerausschuss erläutert wurde.

Auf- und Abwertungen bei Immo-Objekten hätten bei Wienwert "nur der Bilanzkosmetik gedient", heißt es weiter. Ebenso habe es permanent Umgründungen innerhalb der Wienwert-Gruppe gegeben. So sollten (angebliche) stille Reserven bilanziell genutzt werden, Verluste sollten dadurch verschleiert werden.

"Die Finanzlage wurde falsch dargestellt", folgern Abel und seine Sachverständigen. Was bedeute, dass Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung spätestens schon Ende 2012 eingetreten seien, heißt es im Zeitungsbericht. "Ab diesem Jahr mussten laufend Kredite und Anleihen aufgenommen werden, um die Liquidität aufrechtzuerhalten." Man habe aber nicht gewusst, wann und wie diese zurückgezahlt werden können. Der Wirtschaftsprüfer Deloitte habe in Warnschreiben zu den Jahresabschlüssen 2012, 2013 und 2014 auf viele dieser Mängel hingewiesen; so auch auf die drohende Zahlungsunfähigkeit. "Dem Vorstand hätte das spätestens Anfang 2013 bewusst sein müssen", betont Abel laut "Presse". Bei Anleihezeichnern hätten die Alarmglocken läuten müssen.

Abel macht laut "Presse" nun mithilfe des deutschen Prozessfinanzierers Legial zivilrechtlich Schadenersatzansprüche geltend - gegen Vorstände, Aufsichtsräte, Wirtschaftsprüfer, Berater und Makler. Unterdessen steckt das Bundesamt zur Korruptionsbekämpfung (BAK), an das die Korruptionsstaatsanwaltschaft den Fall Wienwert abgetreten hat, noch in den Ermittlungen gegen die Unternehmensgründer und Eigentümer Wolfgang Sedelmayer und Nikos Bakirzoglu sowie Vorstandschef Stefan Gruze wegen des Verdachts der Untreue, betrügerischen Krida und Bilanzfälschung. Für die Genannten gilt die Unschuldsvermutung. (APA)