Salzburg : Selbstverwaltetes Wohnprojekt möchte Spekulanten das Wasser abgraben

Im Salzburger Stadtteil Schallmoos soll im Juli eines der ersten selbstverwalteten Wohnprojekte Österreichs entstehen. Die Initiative "Autonome Wohnfabrik" will dazu ein Mietshaus erwerben und in ein unverkäufliches Haus umwandeln. Die Immobilie soll so dauerhaft dem freien Markt und Spekulationen entzogen werden. Vorbild ist das deutsche Mietshäuser-Syndikat, das bereits 124 Projekte vereint.

"Es geht darum, die Abhängigkeit vom Wohnungsmarkt und von den Vermietern zu verringern", erklärte Jan Landgraf von der "Autonomen Wohnfabrik" bei der Projektpräsentation am Montagabend. "So kann später niemand willkürlich die Miete erhöhen oder das Haus verkaufen." In der Stadt Salzburg stehen 3.500 dringend benötigte Wohnungen leer oder werden kaum genutzt - auch weil sie laut Initiative als Anlageobjekte, Zweitwohnsitze oder für Online-Portale wie Airbnb verwendet werden. Das treibt auch die Mieten in die Höhe.

Laut Statistik Austria haben sich die Wohnungspreise in der Stadt Salzburg seit dem Jahr 2010 um 58,2 Prozent erhöht, alleine im Vorjahr betrug das Plus 8,2 Prozent. Ein Haus- oder Wohnungskauf ist für die meisten Menschen damit nicht mehr leistbar. "Damit ist so gut wie keine Selbstbestimmung über die Objekte möglich. Wir wollen deshalb ein solidarisches und selbstverwaltetes Hausprojekt gründen", sagte Landgraf.

Über alle Angelegenheiten im Haus - von Umbauten bis zur Nutzung von Garten und Gemeinschaftsräumen - bestimmen die Bewohner im Konsens. Das Haus in Schallmoos hat 210 Quadratmeter Wohnfläche, außerdem wollen Initiatoren - derzeit neun Personen im Alter von 20 bis 30 Jahren - im Erdgeschoß ein Beisl betreiben. Im Haus sollen Garconnieren mit 16 bis 24 Quadratmetern Größe entstehen. Kosten inklusive Kaufnebenkosten und geplanter Umbauten: knapp über 850.000 Euro.

Finanziert wird das Projekt zu zwei Dritteln aus einem Bankkredit und zu einem Drittel aus Direktkrediten von privaten Unterstützern - in der Regel Freunde, Mitbewohner, Sympathisanten oder Geldgeber, die nach sozial-ökologischen Prinzipien handeln. Diese bekommen anders als Banken keine formellen Sicherheiten, aber höhere Zinsen. Beim Hausprojekt in Salzburg sind es bis zu zwei Prozent. Die "Autonome Wohnfabrik" hat noch bis Ende Juni Zeit, dieses Drittel zu sammeln. 60.000 Euro sind bereits zusammen gekommen. Klappt es mit der Finanzierung nicht, drohe eine in Salzburg übliche Vorgehensweise: "Ein Bauträger kauft das Haus, lässt es abreißen und baut am Grund teure neue Wohnungen", so Landgraf.

Die Kredite werden mit den Mieteinnahmen getilgt. "So wird das Haus nach und nach vergemeinschaftet." Die Höhe der Miete soll mit rund 15 Euro brutto pro Quadratmeter dem Preis am freien Wohnungsmarkt entsprechen. Rechtlich wurde für das Projekt eine GmbH gegründet, die dem Hausverein und dem "habiTAT" gehört, einem Verbund mehrerer Hausprojekte, der eng mit dem deutschen Miethäuser-Syndikat kooperiert. "Das Haus gehört damit praktisch allen und niemanden zugleich", sagte Landgraf. Im Syndikat unterstützten sich Projekte mit Solidarbeiträgen. Auch ein Verkauf ist nur möglich, wenn dem alle im Verbund beteiligten Projekte einstimmig zustimmen.

Die Idee, sich als privates Kollektiv ein Haus zu kaufen, ist auch in Österreich nicht neu. Es gibt hierzulande mehrere geplante, aber erst wenig umgesetzte gemeinschaftliche Wohnkonzepte. Als größtes selbstverwaltetes Wohnprojekt gilt etwa die Sargfabrik in Wien. Und als erstes heimisches Miethäuser-Syndikat hat "habiTAT" Anfang 2016 mit dem "Willy*Fred" in Linz sein erstes Haus eröffnet. (APA)