SOLID-Rechtsfragen am Bau : Recht am Bau: Besprechungsprotokolle - wer schreibt, der bleibt ?

Wer einen Anspruch behauptet, muss diesen auch beweisen. Im Zusammenhang mit Streitigkeiten um Bauvorhaben gehören Schriftstücke (juristisch „Urkunden“ genannt) neben Sachverständigenbeweisen zu den bedeutsamstem Beweismitteln. Jeder, der in ein mittleres oder größeres Bauvorhaben involviert ist, kann ein Lied davon singen, welche Dimension die technische und bauvertragliche Korrespondenz mittlerweile annimmt. Zusätzlich werden unzählige Baubucheintragungen, Aktenvermerke und Besprechungsprotokolle erstellt, die teilweise wiederum von replizierenden Antwortschreiben relativiert werden.

Da kann man leicht den Überblick verlieren. Irgendwann, vielleicht Monate oder gar Jahre später, finden einige dieser Papiere wieder den Weg hinaus aus dem riesigen Aktenberg und haben ihren „großen Auftritt“ – dann nämlich, wenn diese im Zuge einer kontroversiellen Auseinandersetzung oder gar eines Gerichtsverfahrens zum Beweis des eigenen Standpunktes vorgelegt werden.Bei einem Besprechungsprotokoll handelt es sich – aus juristischer Sicht – schlicht um eine sogenannte Privaturkunde, die zu unterscheiden ist von den öffentlichen Urkunden (von Behörde, Notar etc). Unterschriebene Privaturkunden (wie etwa auvertragsbesprechungsprotokolle) begründen den vollen Beweis, dass die in ihr enthaltenen Erklärungen vom Aussteller stammen – also dass diese Urkunde in der vorliegenden Fassung unterzeichnet wurde. Ob die in ihr enthaltenen Angaben mit der Wirklichkeit übereinstimmen, unterliegt zwar der richterlichen Beweiswürdigung – es ist aber oft nicht leicht erklärbar, warum (retrospektiv betrachtet) unrichtige Tatsachen zum Zeitpunkt der Unterfertigung des Protokolls nicht gleich richtiggestellt wurden. Und genau darin liegt das Problem: Im Nachhinein entsteht aufgrund einer Urkunde ein „Eindruck“ von der damaligen Situation, der beim unbefangenen Dritten (etwa einem Richter) eine gewisse Sichtweise der Dinge auslöst. Ob es die „richtige“ Sichtweise ist, mag dahingestellt bleiben.„Jedes Schriftl is a Giftl“Die Weisheit, die schon Julius Raab hinterließ, wird in juristischen Bausachen regelmäßig zur Wahrheit. Festzustellen ist, dass Briefe des Vertragspartners, die den eigenen Rechtsstandpunkt nicht widerspiegeln, relativ gewissenhaft und konsequent beantwortet werden. In der bauanwaltlichen Praxis zeigt sich aber mit zunehmender Tendenz, dass Baubesprechungsprotokolle wieder ein beliebter oder aber auch unbewusster „Tatort“ für juristisch relevante Unterstellungen oder Festhaltungen werden.Das Verfassen von Baubesprechungsprotokollen ist zumeist keine besonders begehrte Aufgabe. Das flinke Mittippen der Gesprächsinhalte, das Nachfragen bei undeutlichen oder nicht zu Ende gebrachten Gedanken, das Festhalten derwesentlichen Themen und des Gesprächsverlaufes usw. sind keine begehrten Tätigkeiten. Deswegen geschieht es nicht selten, dass sich (sinnstörende) Fehler bei der Protokollierung einschleichen, die retrospektiv betrachtet durchaus einen der beiden Standpunkte unterstützen, obwohl sich die Sachlage damals anders dargestellt hat.Achtung bei vorbereiteten Protokollen Einige Bauherren sind – wohl hauptsächlich, um solche sinnstörenden Fehler zu vermeiden – daher teilweise dazu übergegangen, Bauvertragsbesprechungsprotokolle schon vor der Besprechung vorzubereiten, um allenfalls gewünschte Ergänzungen in diesen Protokollen dann ad hoc vorzunehmen. Dies ist eine absolut taugliche Maßnahme, um sicherzustellen, dass wichtige und unbedingt zu besprechende Themen nicht in „der Hitze des Gefechts“ vergessen werden. Problematisch wird diese Vorgehensweise der „Voraus-Protokolle“ aber spätestens dann, wenn sich die vorbereiteten Inhalte – warum auch immer – nicht mit dem tatsächlich Besprochenen decken, ja schlimmer noch, wenn diese vorbereiteten Inhalte sich sogar zum juristischen Nachteil eines Vertragspartners auswirken (könnten). Es liegt in der Natur der Sache, dass derjenige Vertragspartner, der Protokoll führt, den eigenen Standpunkt besser kennt als den des anderen Teils. Entsprechend fallen oft auch die Protokolle aus: Der eigene Standpunkt wird umfänglicher und präziser protokolliert als derjenige des anderen. Umso mehr ist der nicht protokollführende Teil gefragt, wenn es darum geht, die Inhalte des Protokolls mitzugestalten. Es sollte jedenfalls vermieden werden, Protokollinhalte zu unterfertigen, die nicht Gesprächsgegenstand waren, so nicht besprochen wurden, die man nicht versteht oder die dem eigenen Standpunkt widersprechen. Im letzteren Fall sollte zumindest eine klare Entgegnung aufgenommen werden.Anforderungen an ein korrektes ProtokollEin korrekt verfasstes Protokoll sollte also in erster Linie inhaltlich richtig sein. Darüber hinaus sollte es vollständig sein und sinnvollerweise nur erhebliche Vorgängeoder Erklärungen wiedergeben. Beabsichtigt eine Partei, ihren vollständigen Rechtsstandpunkt im Protokoll zu verewigen, so ist diese besser auf den Schriftweg zu verweisen. Die inhaltliche Prüfung und Unterfertigung des Protokolls sollte auch zu fortgeschrittener Stunde nicht zur Schlamperei werden. Es könnte sonst böse Überraschungen geben, falls das Papier irgendwann später wieder auftaucht.