Top-Diskussion : Nachhaltigkeit im Bauwesen

Zu diesem Thema lud der Verband der Ziviltechniker- und Ingenieurbetriebe (VZI) als Podiumsdiskutanten ins Hotel Sacher: Philipp Kaufmann, Gründungspräsident ÖGNI; Peter Maydl, Leiter Universitätslehrgang „Nachhaltiges Bauen“, TU Graz; Kristin Duchâteau, Head of Department Advisory Programmes, OeEB - Oesterreichische Entwicklungsbank AG; Harald Meixner, MEIXNER VERMESSUNG ZT GmbH; sowie Ziviltechniker Andreas Gobiet, Präsident des VZI.

Karin Keglevich, Special Public Affairs GmbH, moderierte die Diskussion.

„Was heißt nachhaltig?“ Peter Maydl eröffnete die Diskussion mit einer Definition des Begriffes, der seiner Meinung nach das meist mißbrauchte Wort im deutschen Wortschatz ist und Potenzial hat, zum Unwort des Jahres gewählt zu werden. Ursprünglich aus der Forstwirtschaft kommend, stand Nachhaltigkeit dafür, nur so viel Holz aus dem Wald herauszuholen, wie auch wieder nachwächst.

Heute steht das Wort nachhaltig auch für die Übersetzung von Sustainaible und damit für „langfristig wirksam und langfristig verträglich“. Laut einem generellen Konsens wird Nachhaltigkeit in drei Dimensionen gesehen: ökonomisch, sozial und ökologisch und steht damit für ein ganzheitliches Denken. Maydl sieht in seiner Branche den Wandel vom Zivilingenieur zum Zivilisationsingenieur.

Philipp Kaufmann will vom Denken mehr ins Tun gehen, denn die ÖGNI ist eine Umsetzungsagentur und sieht sich nicht als Think-Tank. Wissen ist in ausreichendem Maß vorhanden, konstatiert Kaufmann, es gilt, zwischen Theorie und Praxis zu vermitteln, wobei diese Hand in Hand gehen müssen, um sich entwickeln zu können. Nur wenn alle Projektbeteiligten an einem Tisch sitzen und gemeinsam arbeiten und planen kann die Nachhaltigkeit eines Projektes gegeben sein. Hier wäre es nötig, dass auch die Auftraggeberseite Nachhaltigkeit viel stärker einfordert und darin einen wertvollen Bestandteil bei der Gebäudeplanung versteht. Auch in den Köpfen der Banker und Politiker ist Nachhaltigkeit noch eher ein Schlagwort. In den Risikomodellen von Banken ist derzeit der Zusatznutzen Nachhaltigkeit nicht hinterlegt, was sich bei einer Kreditvergabe somit auch nicht positiv auswirkt, sich aber in den Kosten niederschlägt.

Nachhaltig planen und bauen bedeutet auch, dass die Bedürfnisse kommender Generationen nicht beeinträchtigt werden. Doch, so wirft Andreas Gobiet, Präsident des VZI, ein, niemand kennt die Bedürfnisse der kommenden Generationen. Klar ist, dass Nachhaltigkeit über den Begriff Energieeffizienz hinausgehen muss. Als positives Beispiel in der Politik führt Gobiet Korea an, wo ein eigenes Ministerium für Nachhaltigkeit gegründet wurde. Während darüber nachgedacht wurde, wie man mit Nachhaltigkeit ein Geschäft machen kann, kam man zur Erkenntnis, dass es dabei um Lebensqualität geht. Dadurch ergab sich ein neuer Diskussionsansatz, den es galt weiterzudenken und nachfolgend zu lernen, mit den Augen der Zukunft zu schauen.

Man muss sich die Frage stellen, wem Nachhaltigkeit nutzt und ob man sie braucht. Dabei wird klar, dass Nachhaltigkeit in jedem kulturellen Kontext etwas anderes bedeutet. Nachhaltigkeit wird dadurch zu einem Gummiwort, erklärte Harald Meixner. Zwischen einer Wohlstandsgesellschaft wie in Europa und einer Gesellschaft in der dritten Welt, wo sauberes Wasser und Essen noch keine Selbstverständlichkeiten sind, müssen unterschiedlichen Kriterien Rechnung getragen werden. Deshalb betont Kaufmann, dass es zwar wichtig ist, dass sich die Green Buildings-Bewegung weltweit etabliert, aber der Nutzer vor Ort, also der Mensch, immer im Mittelpunkt stehen muss.

Gebäudezertifizierungen stellen eine Offenlegung über Lebenszyklen dar. Eine Studie zeigt auf, dass zertifizierte Gebäude eine um acht Prozent geringere Leerstandsrate aufweisen, als unzertifizierte. In New York wäre z. B. ein Bürotower ohne Zertifizierungen unverkäuflich. Standards sollten daher mehr Transparenz schaffen, Qualitäten aufzeigen und als Treiber wirken. Laut Kristin Duchâteau kann die OEEB Projekte mitfinanzieren und Investitionen begleiten, sofern dieProjekte privatwirtschaftlich und langfristig wirksam sind, sich rechnen und internationalen Normen entsprechen.

Ein großes Problem ist auch die fehlende Forschung. Da es keine Zahlen gibt, ist es schwer, einem Bauherrn zu beweisen, dass Geld langfristig durch ein nachhaltiges Projekt eingespart werden könnte. Es fehlt der reale Wert, da derzeit nur mit Einschätzungen gearbeitet werden kann, da belastbare Zahlen fehlen. In der nachfolgenden Diskussion wirft Christoph Achammer von ATP ein, dass man das weltweite Bedürfnis nachhaltig zu handeln langsam erkennen müsste. Der Architektur wirft er vor, dass sie zur rein ästhetischen Erscheinung abgekommen ist. Planungsprozesse müssten sich ändern. Der Bauherr muss mit ins Boot geholt werden, denn nur wenn alle wollen, kann es zu nachhaltigen Projektplanungen kommen. (lg)