Österreich : Kataster zur Wiener Dachlandschaft

Nach monatelangen Untersuchungen liegt nun ein Kataster zur Dachlandschaft der der Wiener Innenstadt vor. Er umfasst rund 1.400 Objekte und gibt Auskunft über Baualter, Konstruktionsweise und Ausbauzustand der teils jahrhundertealten Holzwerke. Das Verzeichnis soll als Basis für den Umgang mit der Substanz dienen - und damit auch für mögliche Dachausbauten.

Die rund einjährigen Arbeiten, die u.a. von Denkmalamt, Stadt Wien und Bundeskanzleramt abgewickelt wurden, haben dabei durchaus interessante Informationen zutage befördert. So datiert Wiens ältester City-Dachstuhl aus dem Jahr 1299, er findet sich über dem Alten Rathaus in der Wipplingerstraße, der zweitälteste ist schon 130 Jahre jünger (1429) und gehört zu jenem Haus, in dem das Griechenbeisl residiert. Das jüngste innerstädtische Exemplar wurde 1959 errichtet und befindet sich an der Adresse Herrengasse 23.

Insgesamt zählt die Innere Stadt neun verschiedene Dachformen. "Einen besonderen Boom erlebte Wien im Barock", erzählte Studienautorin Antje Liebich bei der Katasterpräsentation. Die Experten haben aber nicht nur die Bauweise an sich unter die Lupe genommen, sondern auch auf Kleinigkeiten geachtet. Angebrachte Zeichen der Handwerker geben etwa Auskunft darüber, dass einzelne Gebäude einmal größer waren oder eine andere Form hatten. Verwendete Holzarten wiederum enthalten Informationen über die Handelsgeschichte der Stadt - etwa den Materialtransport mittels Flößerei auf der Donau.

Nun stehe fest, welche Dachstühle in Wien bewahrens- und schützenswert seien, freute sich Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ). Damit könnten Entscheidungen bei Bauprojekten künftig beschleunigt werden.

Das hofft auch Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ). Gefragt nach dem Potenzial nach Dachgeschoßausbauten im 1. Bezirk konnte er allerdings keine konkreten Zahlen nennen. Das müsse man von Fall zu Fall entscheiden, da hier neben dem Schutzgedanken auch andere Fragen etwa hinsichtlich der Statik zu berücksichtigen seien. Liebich ergänzte, dass in der City schon jetzt rund 70 Prozent der Dachzonen ausgebaut seien. Das lasse sich ebenfalls aus dem farblich gestalteten Kataster - die Farbgebung gibt Auskunft über die Entstehungsepoche - herauslesen.

Ludwig betonte, dass man unter Berücksichtigung der Stadtbilderhaltung großes Interesse daran habe, Dachausbauten zu ermöglichen. Schließlich sei das eine beliebte Wohnform und angesichts der wachsenden Stadt gebe es auch stets zunehmenden Wohnbedarf. Laut Stadtrat werden in ganz Wien jährlich zwischen 500 und 700 Dachgeschoßausbauten bewilligt. Die Katastererfassung soll - je nach finanziellen Möglichkeiten - bald auf andere Bezirke ausgeweitet werden. Für das Pilotprojekt wurden 150.000 Euro zur Verfügung gestellt. (APA)

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