Österreich : Greenpeace kritisiert Zementwerk-Entsorgungslücken

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„Viele Abfälle, die zur Entsorgung in österreichischen Zementwerken landen, sind unklar definiert und die Auflagen für problematische Schadstoffe nicht streng genug. Zudem ist die Verwertung von Abfällen intransparent“, kritisiert Greenpeace-Chemiker Herwig Schuster. Er fordert einen strengeren Umgang was Regelungen, Prüfungen und Transparenz betrifft: „Aus dem HCB-Skandal müssen endlich umfassende Lehren gezogen werden. Zu den wichtigsten Maßnahmen zählen ein Verbot des Einsatzes besonders problematischer Abfälle wie PVC, strengere Auflagen der Behörden beim Einsatz von Abfallarten, die bedenkliche Verunreinigungen enthalten oder enthalten können, spezifische Rauchgasmessungen beim Einsatz von kritischen Abfällen sowie eine konsequente Eingangskontrolle für Abfälle durch die Zementwerke.“

Insgesamt sind rund 680 Abfallarten für Zementwerke genehmigt, darunter etwa 170, die problematische Stoffe enthalten oder enthalten können. Die Liste der genehmigten Abfallarten enthält höchst problematische Schadstoffe wie Arsen, sechswertiges Chrom, Polyvenylchlorid (PVC) oder polychlorierte Biphenyle (PCBs). Letztere zählen wie HCB zu den weltweit verbotenen „Dauergiften“. Sorge bereiten dem Umwelt-Chemiker auch die unklar definierten Abfallarten. Ein Beispiel: „Sandfanginhalte, gefährlich kontaminiert“. Hinter dieser Bezeichnung können sich sowohl problemlose Verunreinigungen wie Öle, aber auch Quecksilber verstecken – für Schuster untragbar: „Seitens der Behörden gibt es bis dato kaum spezifische Auflagen für diese unklar definierten Abfälle.“

Der im Rahmen der Recherchen durchgeführte Vergleich der tatsächlichen Luftemissionen der einzelnen Zementwerke ergibt ein komplexes Bild: Grenzwertüberschreitungen sind zwar insgesamt selten und kommen am ehesten bei Stickoxiden und Quecksilber vor. Jedoch sind bestimmte Grenzwerte wie etwa der organische Gesamtkohlenstoff, HCB oder Kohlenmonoxid sehr hoch angesetzt oder existieren gar nicht. Greenpeace sieht daher bei jedem Werk Investitionsbedarf in Umweltschutztechnik. „Mittelfristig gesehen müssen eine Quecksilber­abscheidung sowie eine Rauchgasnachverbrennung in österreichischen Zementwerken Standard sein“, so Schuster.

Höchst unterschiedlich und teils intransparent waren die von Greenpeace angefragten Informationen der zuständigen Behörden. So wurden etwa von den Ländern Oberösterreich und Salzburg die relevanten Bescheide vollständig übermittelt, während Niederösterreich lediglich Auszüge zusandte und die Bezirkshauptmannschaft Reutte in Tirol unter Verweis auf das Amtsgeheimnis diesen Teil der Anfrage gar nicht beantwortete. Dies bestätigt erneut die Dringlichkeit der Forderung nach weitgehender Aufhebung des Amtsgeheimnisses. Die Auskunftsbereitschaft der Zementindustrie beurteilt Greenpeace als insgesamt zufriedenstellend, mit Ausnahme der, aus Wettbewerbsgründen nicht erfolgten, Informationen über die tatsächlich eingesetzten Abfallarten.

Schuster appelliert abschließend: „Sowohl Industrie als auch Behörden und Politik sind nun gefordert, die von unseren Analysen abgeleiteten Maßnahmen umzusetzen, um Umweltskandalen einen mehrfachen Riegel vorzuschieben.“

Quelle: Greenpeace