Österreich : FMA: Wienwert nutzte Aufsichtslücke zur Anleihenausgabe

Die zahlungsunfähige Immobilienfirma Wienwert-Holding hat offenbar bei der Ausgabe ihrer Anleihen eine Lücke in der Beaufsichtigung genutzt: Sie hat ihre Papiere als reiner Eigenvertrieb selber verkauft und keine professionellen Vertriebsschienen genutzt. Damit unterlagen sie nicht den Kapitalmarktregeln (MiFID), wie FMA-Vorstand Helmut Ettl am Dienstag im Klub der Wirtschaftspublizisten sagte.

"Das ist eigentlich der Kern des Problems, warum man hier so schwer eingreifen kann", so Ettl. Ob diese Lücke geschlossen werden soll, müsse der Gesetzgeber entscheiden. Die Finanzmarktaufsicht habe geprüft, ob irgendwelche Wienwert-Anleihen von professionellen Einheiten verkauft worden seien - die dann der Aufsicht unterliegen würden. Das sei aber nicht der Fall gewesen.

Die Wienwert-Gruppe hat in 23 Emissionen Anleihen im Wert von 40 Mio. Euro verkauft. Die Muttergesellschaft Wienwert Holding ist nun insolvent, die Tochter Wienwert nicht. Da das Unternehmen alles selber abgewickelt habe, habe die FMA keine Zahlen darüber, welcher Anteil der Anleihen tatsächlich platziert wurde und wie viele Anleger betroffen sind. Nach Angaben des Firmenchefs Stefan Gruze sind rund 900 Anleger betroffen, die WW Holding habe noch 16 Unternehmensanleihen mit einem Volumen von rund 35 Millionen Euro aushaftend, sagte er.

In den letzten Jahren habe es mehrere Fälle gegeben, in denen die Aufsicht vermieden wurde, erinnerte FMA-Vorstand Klaus Kumpfmüller und empfahl Anlegern, auf Produkte zu setzen, die von konzessionierten Beratern angeboten werden. Die FMA habe eine App entwickelt, auf der jeder nachschauen könne, wer eine Konzession hat.

Die FMA könne in so einem Fall nur die allgemeine Warnung wiederholen: "Wer eine hohe Rendite verspricht, wird ein riskantes Produkt verkaufen." Und die von Wienwert versprochenen 6,5 Prozent Verzinsung waren nicht marktüblich. Dafür dürfe sich bei Wienwert niemand über mangelnde Information beklagen, denn sowohl über die von der FMA wegen irreführender Werbung verhängten Strafen als auch über Umstrukturierungen im Unternehmen sei breit in den Medien berichtet worden. "So viel Öffentlichkeit wie bei Wienwert hat bei kaum einem anderen Fall geherrscht", sagte Ettl.

Vier Emissionen seien mit Prospekt an Kleinanleger gegangen - bei diesen stellten sich rasch strafrechtliche Fragen, sollten Informationen unterdrückt oder spätere Änderungen nicht nachgetragen worden sein, sagte Ettl. Immerhin habe die FMA wegen irreführender Werbung - noch nicht rechtskräftig - 85.000 Euro Strafe verhängt - bei einem Höchstausmaß von 100.000 Euro und damit klar signalisiert, dass es sich um einen sehr schwerwiegenden Fall handle.

"Wir haben alle unsere Möglichkeiten genützt und Öffentlichkeit hergestellt, damit alle Anleger wissen, was unser Standpunkt zu Wienwert ist", so Ettl. Die FMA habe auch auf ihrer Homepage Anleger darauf hingewiesen, worauf sie besonders achten sollten. "Aber wir können nicht auf der Homepage schreiben: 'schaut euch besonders Wienwert an'", so Kumpfmüller. Letztlich gebe es auch eine "Holschuld" der Anleger.

Auf Vorhaltungen, sich zu wenig um die Regulierungslücken gekümmert zu haben, verwies Ettl darauf, dass in den letzten Jahren die Kritik immer auf eine Über-Regulierung hinausgelaufen sei - und jetzt suche man plötzlich wieder die Regulierungslücken. Die FMA habe vorgeschlagen, den Eigenvertrieb in die Kapitalmarktregeln MiFID (Markets in Financial Instruments Directives) einzubeziehen. Außerdem regt die FMA an, im Rahmen der europäischen Prospektverordnung die Prospektpflicht zu vereinfachen und zu vereinheitlichen. Auch solle eine Information künftig nur dann Prospekt heißen dürfen, wenn sie von der FMA geprüft wurde.

Auch wünscht sich die FMA "Ermittlungsbefugnisse", um bei Zweifeln in die Firmenbücher schauen zu können, ob bestimmte Angaben korrekt sind. Diesen Vorschlag habe die FMA schon 2017 gemacht, erinnerte Kumpfmüller. Im Falle von Wienwert hätte die FMA mit solchen Befugnissen zumindest durchsetzen können, dass Umstrukturierungen und Transaktionen klar dargestellt werden. (APA)