SOLID-Reihe Bauschäden : Bauschäden: Thermographie mal zwei

Ein Hausbewohner fühlt sich im Winter in seinem vor zwei Jahren errichteten Haus unwohl. Zudem bilden sich vermeintliche Schimmelstellen an den Innenwänden zur Dachtraufe. Recherchen im Internet führen ihn zu einem Sonderangebot.

Für wohlfeile 99 Euro wird das Erkennen von Durchfeuchtungen, Leckagen sowie das Aufzeigen von mangelhaften Handwerksleistungen und Wärmedämmungen angeboten. Auch Umweltminister Niki Berlakovic empfiehlt diese energetisch gute Sache.

Völlig in Ordnung

Unser Hausbewohner bleibt misstrauisch und fragt. Der Aktions-Thermograf hat drei Wochen Schulung auf die gute Wärmebildkamera hinter sich. Er kommt aus Deutschland und schafft täglich 15 bis 30 Termine. Bei einem Arbeitstag von zehn Stunden bleibt da eine halbe Stunde für die Untersuchung eines Hauses – inklusive Fahrzeit. Der Thermograf fotografiert das Haus und bezeichnet es als „völlig in Ordnung“. Und fährt zum nächsten Termin.

Ein Gebäudethermograf braucht nicht nur Wissen zur Bauphysik. Er muss Bauteile kennen und bewerten, und dafür sprichwörtlich In-die-Wand-hineindenken können. Ein Maler lernt drei Jahre sein Handwerk und beginnt es oft dann erst zu verstehen. Der bereits beim nächsten Haus fotografierende Thermograf hat den Hausbewohner verwirrt. Er erhoffte sich doch endlich Aufklärung seiner Dunkelstellen.

Fehlerhaft außen

Wir wiederholen die Begutachtung. Zuerst von außen. Schnell zeigen sich Fehler an der Sockeldämmung. Die Baufirma hat diese „aus optischen Gründen“ um sechs Zentimeter zurückgesetzt. Für eine Tropfnase und Bauteiltrennung hätten zwei Zentimeter Vorsprung genügt. Fehlerhaft sind auch die Eingangsstufen. Sie wurden ohne thermische Trennung an das Gebäude betoniert. Dieser Wärmeverlust hätte sich vermeiden lassen. Doch das ist erst der Anfang. Die Fassadenfläche lässt trotz eigentlich zu hoher Außentemperatur von 9°C Wärmebrücken erkennen.

Schwere Schäden innen

Um mehr zu erkennen, müssen die Bauteile von innen thermatographiert werden. Hier zeigen sich prompt luft- und windundichte Elektroinstallationen im Bereich der Außenwände. Sie sind – anders als die luftundichten Fensterbeschläge – als Bauschaden zu bewerten. Im Dachgeschoß wird es allerdings heikel. Hier liegen wesentliche Wärmebrücken am gesamten Haus vor. Im Übergangsbereich zwischen Fassaden- und Dachdämmung unterbricht die Mauerbankpfette die Dämhülle.

Sichtbar ist, dass die Pfette - der waagrechte Träger in der Dachkonstruktion - teilweise aufgeklotzt hohllagig liegt. Davor und dahinter klaffen Dämmstofffugen und kühlen komplett ab. Damit wird die ohnehin schon vorliegende geometrische Wärmebrücke weiter verstärkt. Es kommt zu einem Abkühlen der Oberfläche unter den Taupunkt. Kondenswasser fällt schon bei Temperaturen unter 3°C aus. Schimmelpilze bilden sich schon bei 80% relativer Luftfeuchtigkeit an den Oberflächen. Der Bauherr wird nachdämmen, und damit die gröbsten Fehler beheben.

Autor Günther Nussbaum-Sekora ist EU-zertifizierter Bau-Sachverständiger, Spengler und Dachdeckermeister, Gebäudethermograf und Luftdichtheitsprüfer.www.Bauherrenhilfe.org