Österreich : KSV1870: Zuversicht, aber Wirtschaft wird Zeit brauchen

Bei den Unternehmensinsolvenzen lässt sich 2020 als jenes Jahr zusammenfassen, in dem nichts so war wie es sein sollte. Die anhaltend größte Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg bringt aufgrund der durch die Bundesregierung gesetzten Maßnahmen die niedrigsten Insolvenzeröffnungszahlen seit 1990. Bei einem Gesamtrückgang von fast minus 40 % kam es hochgerechnet zu gerade einmal 3.000 Insolvenzen. Dabei bleibt die Zahl der betroffenen Dienstnehmer jedoch relativ gleich (-5,2 %), während die Passiva auf fast EUR 3 Milliarden gestiegen sind. Trotz der turbulenten Monate bewerten 52 % der Unternehmen die aktuelle Geschäftslage mit sehr gut bzw. gut. Eine erste wirtschaftliche Erholung wird hingegen frühestens für das 2. Halbjahr 2021 erwartet.

Das paradoxe Bild von gesunkenen Insolvenzzahlen während einer der größten Wirtschaftskrisen des Landes bleibt aufgrund von künstlich eingreifenden Maßnahmen der Bundesregierung aufrecht. „Für eine gesunde Volkswirtschaft ist es wichtig, dass das Insolvenzrecht regelkonform zum Einsatz kommen kann“, so MMag. Karl-Heinz Götze, MBA, Leiter KSV1870 Insolvenz. Betrachtet man die Zahlen von Jänner bis Mitte März diesen Jahres, so ist der Beginn dieser verdrehten Situation eindeutig mit dem ersten Lockdown und den damals in Kraft tretenden Verordnungen festzulegen. „Die Maßnahmen im Frühling waren wichtig, um die heimische Wirtschaft nicht in den Abgrund stürzen zu lassen. Nun ist es aber umso wichtiger, wieder das bewährte österreichische Insolvenzwesen seine Arbeit machen zu lassen“, so Götze. Bis zum ersten Lockdown waren die Insolvenzzahlen um nur

5 % geringer als 2019, nach dem ersten Lockdown bis Ende des Jahres sind die Insolvenzzahlen auf die Hälfte zurückgegangen, sodass wir auf das Gesamtjahr gerechnet ein Minus von fast 40 % bei den Insolvenzen erreicht haben. Dass hier Unternehmen, die nicht einmal in einem normal verlaufenden Insolvenzjahr überlebt hätten, künstlich am Leben gehalten werden, ist nur offensichtlich.

Umfrage: Positive Bewertung trotz verheerender Umstände

Das laufende Jahr gleicht einer Achterbahnfahrt. Die konstant positive Wirtschaftsleistung der vergangenen Jahre ist über Nacht eingebrochen. Zwar kam es zwischenzeitlich zu einer vorsichtigen Entspannung, welche jedoch aufgrund des neuerlichen Lockdowns jäh gestoppt wurde. Und dennoch: Laut der Anfang Dezember durchgeführten Austrian Business QuickCheck-Umfrage des KSV1870 bewerten 52 % der Unternehmen ihre aktuelle Geschäftslage mit sehr gut bzw. gut – Anfang September waren es 44 %. „Positiv betrachtet ist das Glas der österreichischen Wirtschaft derzeit noch halbvoll. Wir müssen uns dieses Momentum beibehalten, damit die Unternehmen 2021 wieder voll durchstarten können“, so Mag. Ricardo-José Vybiral, MBA, CEO der KSV1870 Holding AG.

Die Umfrageergebnisse zeigen weiters, dass die wirtschaftlichen Folgen des zweiten Lockdowns „zumindest nicht negativer ausfallen als jene des ersten“. Der direkte Vergleich bestätigt: 30 % der Befragten stufen die wirtschaftlichen Konsequenzen beider Lockdowns als „gleich negativ“ ein. Für 25 % hat der neuerliche Lockdown weniger Folgen gebracht, während 17 % angeben, dass für sie keiner der beiden Lockdowns zu finanziellen Auswirkungen geführt hat. Demgegenüber stehen 16 %, die aktuell mit gravierenderen wirtschaftlichen Folgen als im Frühjahr zu kämpfen haben.

https://youtu.be/0ECJb-vK0YI Hier können Sie ein Gespräch zum Thema zwischen KSV1870-CEO Vybiral, Wienerberer AG-Chef Heimo Scheuch und SOLID-Chefredakteur Thomas Pöll zum Thema sehen

Ausblick 2021: Anstieg der Insolvenzen

Trotz des massiven Eingriffs der letzten Monate in unser Wirtschaftsleben, kam es zu einer dramatischen Insolvenzverschleppung. Künstlich am Leben gehaltene Unternehmen bieten nun ihre Leistungen zu Dumpingpreisen an und reißen damit an sich gesunde Unternehmen mit in den Abgrund, da sie nun ebenfalls vergünstigt anbieten müssen. Am Ende werden wir vermehrt Insolvenzen und darüber hinaus Liquidationen erleben, bei denen aufgrund der fehlenden werthaltigen Aktiva Sanierungen unmöglich werden. Der KSV1870 rechnet daher ab dem 2. Quartal 2021 mit einem konstanten Insolvenzanstieg von rund 20 % - 25 % verglichen zu 2019, unter der Annahme, dass die Bundesregierung keine weiteren Hilfsmaßnahmen ergreift.

Unternehmen erwarten wirtschaftliche Entspannung frühestens im 3. Quartal 2021

Dem Stimmungsbild der Unternehmen nach hat sich als Folge des ständigen Auf und Abs die „Unsicherheit, wann die Corona-Krise endet“ (52 %) als größte Sorge entwickelt – gefolgt von der Gefahr, dass sich Mitarbeiter mit Covid-19 infizieren (40 %). Mit Blickrichtung Zukunft geht mehr als die Hälfte der befragten Betriebe davon aus, dass eine wirtschaftliche Erholung im kommenden Jahr eintritt, mehrheitlich wird diese allerdings erst ab dem 3. Quartal (27 %) erwartet. Während weitere 27 % mit einer Entspannung ab 2022 rechnen, sind 11 % der Befragten sogar erst für die Zeit ab 2025 optimistischer. Als Herausforderungen der Zukunft werden der Fachkräftemangel (64 %) sowie der hohe Grad an Bürokratie (58 %) gesehen. Weitere Themen, die für Kopfzerbrechen sorgen, sind die „Überalterung der Gesellschaft“ (46 %), die Arbeitslosigkeit (45 %) und Cyber-Attacken

(38 %). Zudem wird die Digitalisierung (34 %) als essenziell bewertet.

„Um die gesamte Energie auf den dringend notwendigen Neustart konzentrieren zu können, wird es notwendig sein, möglichst bald den Krisenaktionismus hinter uns zu lassen und zu einem nachhaltigen volkswirtschaftlichen Handeln inklusive einem korrekt funktionierenden Insolvenzwesen zurückzukehren“, so Vybiral und Götze abschließend unisono.