Österreich : Zeuge in Grasser-Prozess: "Porr ist offensichtlich erpresst worden"

Am 108. Tag im Grasser-Prozess hat der erste Zeuge, ein ehemaliger Manager der Raiffeisen Leasing, mehrere Angeklagte belastet. "Die Porr ist offensichtlich erpresst worden", meinte er zur 200.000 Euro-Zahlung bei der Einmietung der Finanzbehörden in den Linzer Terminal Tower. Errichter des Projektes waren die Baugesellschaft Porr, Raiffeisen Leasing und die Real Treuhand.

Der Zeuge nahm damit Bezug auf eine 200.000 Euro Zahlung an den mitangeklagten Ex-FPÖ-Generalsekretär Walter Meischberger, für die es laut dem Zeugen keine Leistung gegeben hat. Laut einem Porr-Manager habe den Betrag der mitangeklagte Makler Ernst Karl Plech gefordert, der aber laut dem Zeugen keinerlei Bezug zu dem Bauprojekt hatte. Vielmehr vermutete heute der Zeuge, dass dahinter der erstangeklagte Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser stand, denn dieser habe letztendlich den Einzug der Finanz in den Terminal Tower genehmigen müssen.

Das sei aber seine "persönliche Interpretation", dass Grasser dahinterstecke, denn Belege dazu habe er keine, betonte der Zeuge. Später habe er sein Wissen in einer anonymen Sachverhaltsdarstellung der Staatsanwalt mitgeteilt - und parallel dazu auch noch mit der Zeitung "Die Presse" gesprochen, so der Zeuge, ein studierter Jurist. Dazu habe ihm sein Anwalt geraten, denn Anzeigen "würden schnell mal verschwinden". Als die Vorwürfe rund um den Terminal Tower in den Medien berichtet wurden habe ein Raiffeisen-Leasing-Manager alle involvierten Mitarbeiter aufgefordert, alle relevanten Unterlagen zu vernichten, so der Zeuge. Er selber habe aber ohnehin keine Unterlagen dazu gehabt.

Er habe nie seine Firma anzeigen wollen, aber er habe gewollt, dass die Empfänger des Geldes - seiner Vermutung nach zumindest Plech und Grasser - zur Rechenschaft gezogen werden. Eine Verfehlung der beteiligten Firmen habe er nicht gesehen, weil sie eben erpresst wurden. "Wir wurden massiv unter Druck gesetzt", erklärte der Zeuge, der mehrmals betonte, dass er keine Belege habe, dass Grasser Schmiergeld bezogen habe.

Trotz dieser Einschränkung platzte Grasser-Anwalt Manfred Ainedter der Kragen. Ainedter rief dem Zeugen zu, seine persönliche Meinung könne er "beim Heurigen" erzählen, aber nicht vor Gericht - "Frechheit", empörte sich der Anwalt. Das sah Oberstaatsanwalt Alexander Marchart gänzlich anders und forderte, dass das Protokoll über Ainedters Empörung der Anwaltskammer vorgelegt wird, da dessen Äußerungen dem Ansehen des Gerichts abträglich seien. Ainedter, sichtlich aufgewühlt, begrüßte dies: Es werde, wie beim letzten Mal, ein "Schlag ins Wasser" sein.

Bei der Befragung durch Ainedter blieb der Zeuge dabei, dass es keinen Sinn gemacht hätte, Plech 200.000 Euro zu zahlen, weil dieser keinen Einfluss auf das Projekt hatte - der damalige Finanzminister Grasser aber schon. "Zu reden hatte nur der Herr Grasser", erklärte der Zeuge. "Plech hatte ja nichts in der Hand". Wie der Zeuge schon zu Beginn der Befragung heute im Wiener Straflandesgericht ausgeführt hatte, war bei der Einmietung alles auf Schiene und die Verträge unterschriftsreif, als sich Grasser - für die Beteiligten überraschend - plötzlich quergelegt habe.

Während der Zeuge einen Konnex zwischen der Geldforderung Plechs an die Errichter zu Grasser herstellte - als seine Interpretation - erklärte er, dass er von den mitangeklagten Walter Meischberger und dem Lobbyisten Peter Hochegger, über dessen zypriotische Briefkastenfirma Astropolis die Zahlung abgewickelt wurde, nichts mitbekommen habe. Er kenne diese beiden auch nicht, während er Plech persönlich gekannt habe. Dass die Zahlung übers Ausland abgewickelt wurde überrasche ihn nicht.

Michael Dohr, Anwalt eines mitangeklagten Porr-Managers, versuchte die Glaubwürdigkeit des Zeugen in Frage zu stellen, da er in seinen Vernehmungen bei der Polizei anders ausgesagt habe als hier im Gericht. Replik des Zeugen: Damals habe er als Beschuldigter ausgesagt, wo er nicht der Wahrheitspflicht unterliegt. Er habe damals nicht die ganze Wahrheit gesagt und Schutzbehauptungen aufgestellt, um seinen Job nicht zu gefährden. "Was dann eh egal war, weil wir danach alle gehen mussten", so der ehemalige Raiffeisen-Manager, der seit 2017 nicht mehr bei der Firma tätig ist. (APA)