Österreich : Wohnbauförderung: Länder nutzen Steuerautonomie vorerst nicht

Die Länder nutzen ihre neue "Steuerautonomie" bei der Wohnbauförderung vorerst nicht. Wie ein APA-Rundruf ergeben hat, lassen alle neun Bundesländer den Wohnbauförderungsbeitrag unverändert. Am meisten profitieren würde von einer Anhebung die Gemeinde Wien - wegen der vielen Einpendler aus Niederösterreich und dem Burgenland.

Bisher hat der Bund den Wohnbauförderungsbeitrag eingehoben, 80 Prozent an die Länder weitergereicht und den Rest behalten. Ab 2018 wird die Steuer in die Autonomie der Länder entlassen: Sie erhalten dann den gesamten auf ihrem Gebiet bezahlen Wohnbauförderungsbeitrag. Die bisherige Aufteilung nach der länderweisen Volkszahl entfällt, ebenso der 20-prozentige Bundesanteil.

Vorerst will allerdings kein Bundesland die neue Steuerautonomie nutzen und den Beitrag erhöhen oder senken. Arbeitgeber und Arbeitnehmer werden daher weiterhin je 0,5 Prozent von der Lohnsumme bezahlen. "Es ist derzeit nicht geplant an der Höhe des Wohnbaubeitrages zu schrauben", betont Oberösterreichs Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP). Und Tirols Günther Platter (ÖVP), der im kommenden Jahr Landtagswahlen zu schlagen hat, schloss gegenüber der APA eine Erhöhung des Wohnbauförderungsbeitrages und damit mehr finanzielle Last für die Tiroler "dezidiert aus".

Ähnliche Rückmeldungen gibt es auch aus den anderen Bundesländern. Wien plant derzeit ebenfalls keine Veränderung des Wohnbauförderungsbeitrags. Dabei könnte die Hauptstadt mit einer Erhöhung vergleichsweise hohe Zusatzeinnahmen lukrieren. Dies deshalb, weil viele Niederösterreicher und Burgenländer zur Arbeit nach Wien pendeln und auch dort ihren Wohnbauförderungsbeitrag bezahlen. Burgenland und Niederösterreich bringt das neue System daher vergleichsweise wenig.

Die 2018 entstehenden Anlauf-Verluste einzelner Bundesländer wurden beim letzten Finanzausgleich allerdings ausgeglichen, wie Karoline Mitterer vom Zentrum für Verwaltungsforschung (KDZ) erklärt. Konkret bekommen jene Bundesländer, die bei der Wohnbauförderung schlechter aussteigen, etwas höhere Anteile an den sonstigen Steuern. Auch der Bund, der auf sein bisheriges Fünftel der Einnahmen verzichtet, erhält etwas höhere "Ertragsanteile". "In Summe ist das ein Nullkostenspiel für die Länder: es gibt ein bisschen weniger Ertragsanteile und dafür ein bisschen mehr Wohnbauförderungsbeitrag", betont Mitterer.

Am geringen finanziellen Spielraum der Länder wird das neue System wenig ändern. Traditionell heben sie nämlich kaum eigenes Geld ein, wie auch ein aktueller OECD-Bericht (http://go.apa.at/Yj7QwoKb) zeigt. Demnach entfallen in Österreich nur 4,5 Prozent der Steuern auf Länder und Gemeinden, viel weniger als in anderen Bundesstaaten: In Belgien sind es 12,6 Prozent, in Deutschland 31,3 Prozent und in der Schweiz 40 Prozent. Konkret bedeutet das, dass der Bund 2015 99,5 Milliarden Euro an Steuern eingehoben (und davon 33,8 an Länder und Gemeinden weitergereicht) hat. Die Gemeinden kassierten selbst dagegen nur 4,4 Milliarden Euro, die Länder 2,29 Milliarden Euro - und nun inklusive Wohnbauförderung etwa eine Milliarde Euro mehr.

Ob mehr Steuerautonomie überhaupt sinnvoll wäre, ist nach wie vor strittig. Während Niederösterreichs Finanzlandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) die Erweiterung auf weitere Steuern befürworten würde, um den Steuerwettbewerb zwischen den Ländern zu stärken, lehnt der steirische Kollege Anton Lang (SPÖ) das ab. Und Kärntens Finanzlandesrätin Gaby Schaunig (SPÖ) fordert EU-weite Harmonisierungen gegen Steuerflucht anstatt innerhalb der einzelnen Staaten unterschiedliche Steuersysteme aufzubauen. (APA)

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