Österreich : UVP-Verfahren: WKÖ nimmt Arbeit als Standortanwalt auf

Die von der abgesetzten ÖVP-FPÖ-Regierung beschlossene Beschleunigung von Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) bringt der Wirtschaftskammer mehr Gewicht bei großen Bauprojekten. Die neun Landes-Wirtschaftskammern erhalten ab 1. Juli als neue Standortanwälte Parteienstellung in den UVP-Verfahren. WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf verteidigte die Neuerung nun gegen Kritik.

Der Standortanwalt "soll dafür sorgen, dass die volkswirtschaftliche Bedeutung von Projekten entsprechend dargestellt und gewürdigt wird im Verfahren, weil wir das Gefühl hatten, dass andere Faktoren ein Übergewicht haben", sagte Kopf am Freitag vor Journalisten. Bisher seien die Projektwerber den vielen Umweltschutzorganisationen und Bürgerinitiativen alleine gegenüber gestanden.

"Wir sind nicht der Feind der Umwelt und der Feind der Natur. Auch wir sind interessiert an einer intakten Umwelt, an intakten Lebenswelt für unsere Menschen, abgesehen davon, dass es auch ein touristischer Faktor ist", aber es müsse eine sinnvolle und vertretbare Abwägung der Interessen geben, betonte Kopf. Kritik übte er an Projektgegnern, die Bedenken möglichst spät einbringen, mit der Absicht, das Verfahren zu verschleppen. Dies sei mit neuen Fristen erschwert worden, so Kopf.

Die Wirtschaftskammer hat für ihre neue Aufgabe als Standortanwalt einen "Wertschöpfungsrechner" entwickelt, der objektive Zahlen zur Bedeutung von Großprojekten liefern soll. "Die Standortanwälte können mit diesem Instrument die volkswirtschaftlichen Effekte eines Projektes quantifizieren", erklärte Kopf. Drohende Umweltschäden und deren negative Auswirkungen auf die Volkswirtschaft fließen in die Berechnung allerdings nicht ein, wie Kopf auf Nachfrage sagte.

Der Standortanwalt tritt bei allen UVP-Verfahren in Erscheinung, die nach dem 1. Dezember 2018 eingereicht wurden. Bisher sind das vier Projekte: Der Windpark Wild im Waldviertel, eine Zitronensäureproduktion von Jungbunzlauer in Bergern, ebenfalls in Niederösterreich, sowie je ein Projekt von Asfinag und ÖBB.

Insgesamt durchlaufen derzeit rund 80 Projekte mit einem Investitionsvolumen von in Summe 8 bis 12 Mrd. Euro ein UVP-Verfahren. Manche davon liegen schon seit Jahren bei den zuständigen Behörden. Jedes Jahr werden laut WKÖ zwischen einem und drei Dutzend Projekte eingereicht. 80 bis 85 Prozent werden zwar genehmigt, allerdings dauert es der Wirtschaft bis zu Genehmigung zu lange. Der Durchschnitt liege bei 36 Monaten, hieß es. Es gibt aber auch UVP-Verfahren, die um die zehn Jahre dauern. (APA)