Österreich : Standortgesetz: Mechanismus statt Automatismus

Die Chefs von vier großen staatlichen bzw. staatsnahen Infrastrukturfirmen Flughafen Wien, ÖBB, Verbund und ASFINAG haben die Werbetrommel für das angekündigte neuen Standortentwicklungsgesetz gerührt. UVP-Verfahren sollen beschleunigt werden. Das gehe nicht auf Kosten der Umwelt, beteuerten die Manager, die ihre Forderung mit Projekten untermauerten, bei denen schon zu lange nichts weiter gehe.

Das neue Gesetz - Details werden erst offiziell präsentiert - sieht vor, dass nach 18 Monaten in der ersten Instanz ohne einer Entscheidung vom Projektwerber ein Mechanismus ausgelöst werden kann, der die zweite Instanz einleitet. Für die zweite Instanz forderte Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber "schnelleres Arbeiten" der Behörden.

Innerhalb von 12 Monaten soll APA-Informationen zufolge bekannt werden, ob ein Projekt grundsätzlich genehmigbar ist. Das soll über eine "Sonderbestimmung" im Verwaltungsverfahren vor der UVP-Behörde möglich werden.

Die Unternehmensvorstände forderten auch eine stärkere Berücksichtigung eines "öffentlichen Interesses" in den Genehmigungsverfahren. Das neue Gesetz sieht neben der Verfahrensbeschleunigung auch vor, dass ein "besonderes öffentliches Interesse" zu einem berücksichtigenswerten Teil in den Genehmigungsverfahren wird.

Alle argumentierten mit einzelnen Projekten, die sie vorhaben und die zu lange brauchten, bis sie genehmigt würden. Man könne mit einem Nein bei Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) leben, aber das Warten, das koste nur Zeit, Geld und Nerven, so Günther Ofner (Flughafen Wien), Klaus Schierhackl (ASFINAG), Wolfgang Anzengruber (Verbund) und Andreas Matthä (ÖBB). Es gehe nicht darum, Umweltvorschriften zu umgehen. Anzengruber fordert auch einen "Bundessachverständigen" für komplizierte Materien, in denen es oft zu wenige Experten gebe, was die Verfahrensdauer ebenso in die Länge ziehe.

Von Greenpeace hingegen hieß es gegenüber der APA, die Bundesregierung unternehme "einen erneuten Angriff auf den österreichischen Umweltschutz", wenn sie die Materie morgen, Mittwoch, im Ministerrat wie angekündigt beschließt. "Die Regierung zielt immer noch auf eine Schwächung von Umweltstandards ab, um Großprojekte wie Schnellstraßen, Mülldeponien oder große Kraftwerke billiger und mit weniger Umweltvorgaben bauen zu können."

Die Unternehmensvertreter beteuerten bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in den Räumlichkeiten der Industriellenvereinigung in Wien hingegen, dass es nicht um eine Absenkung von Umweltstandards gehe. "Wir haben kein Interesse, etwas zu bauen, was den Umweltvorschriften nicht entspricht", sagte ASFINAG-Vorstand Klaus Schierhackl.

"Wir brauchen schnelle Verfahren, ohne einer Ausgrenzung der Betroffenen, die rechtssicher sind", so Flughafen-Vorstand Günter Ofner. Ihm zufolge geht es nicht um die dritte Piste, für die das angekündigte Gesetz zu spät komme. Es gehe aber um eine bessere Bahn- und Straßenverbindung von und zu Österreichs größtem Airport. Gemeint sind damit unter anderem die Eisenbahnverbindung Wien-Bratislava, ein Ausbau der A4 Ostautobahn und des hochumstrittenen S1-Lobautunnels.

Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber argumentierte mit der 360-kV-Leitung in Salzburg, die notwendig sei, um die Versorgungssicherheit in Österreich zu gewährleisten. "Das Genehmigungsverfahren dauert seit sechs Jahren an, das kostet monatlich 10 Mio. Euro." Es brauche Entscheidungen für beide Seiten. Es gehe um Rechtssicherheit für betroffenen Gruppen und für Projektwerber.

Schnellere Verfahren würden allen nutzen - den Unternehmen, der Infrastruktur, der Bevölkerung und auch der Umwelt, erklärte Ofner: "Lange Verfahren bringen der Umwelt gar nichts, wenn es um Infrastruktur geht, schaden sie der Umwelt sogar - weil viele Maßnahmen, wie der Bahnausbau, der Bau von Stromleitungen und neuen Verkehrswegen zu einer höheren Umwelteffizienz führen." Eine Nicht-Realisierung wichtiger Projekte erhöhe den CO2-Ausstoß, so Ofner.

Die Regierung ignoriere die Fakten zu UVP. "Zusammen mit staatseigenen Betrieben veranstaltet die Bundesregierung nun ein Schmierentheater", kritisierte Greenpeace-Sprecher Lukas Hammer. "Mit Einzelbeispielen wird versucht die angebliche Notwendigkeit für den Abbau von Umweltstandards zugunsten von Großprojekten zu rechtfertigen." Kritik an den Plänen der Bundesregierung übte auch Global 2000. (APA)