Österreich : Standortentwicklungsgesetz: Kritiker werden mehr

Die Liste der Kritiker an dem von der Regierung geplanten Standortentwicklungsgesetz wird immer länger. In der laufenden Begutachtung haben sich nun unter anderem auch der Städtebund und die Rechtsanwaltskammer ablehnend geäußert. Einmal mehr kam auch Kritik aus Tirol. Vorarlberg hatte sich schon kritisch geäußert, nun gesellt sich auch Kärnten dazu.

"Gegen das Gesetzesvorhaben bestehen gravierende verfassungsrechtliche und unionsrechtliche Bedenken", so das Amt der Kärntner Landesregierung in seiner Stellungnahme. Vom Landesverwaltungsgericht Tirol heißt es in dessen Stellungnahme: "Ausgehend von den vorab aufgezeigten im Verfassungsrang stehenden Vorschriften ist daher im Falle des Vorbringens des Beschwerdegrundes eines mangelhaft ermittelten Sachverhaltes und/oder einer mangelhaften Beweiswürdigung jedenfalls ─ auch ohne Antrag ─ eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Ein Abweichen von diesem Grundsatz führt zwingend zu einer Mangelhaftigkeit der jeweiligen gerichtlichen Entscheidung (...) verletzt somit rechtsstaatliche Prinzipien, wie insbesondere das Recht auf ein faires Verfahren."

Der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) wiederum hatte gestern betont, dass er dem von der Bundesregierung geplanten Standortentwicklungsgesetz "deutlich positiv" gegenübersteht. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP), die für die Gesetzesvorlage zuständig ist, habe seine "volle Unterstützung".

Der Städtebund meinte in seiner Stellungnahme: "Die rechtliche Umsetzung dieser wirtschaftlich prinzipiell zu begrüßenden Maßnahme im vorliegenden Entwurf wirft jedoch viele Fragen auf. Was passiert beispielsweise, wenn Projekte als genehmigt gelten, ohne dass - z. B. aufgrund unzureichend klarer und vollständiger Projektbeschreibungen - alle für die Genehmigung nötigen Tatbestände geprüft werden konnten? Wer haftet dann für Folgeschäden, die daraus resultieren?"

Und auch der österreichische Rechtsanwaltskammertag hat Bedenken: "Für Projektwerber wäre es sehr einfach möglich, ein Verfahren entsprechend zu verzögern - etwa indem notwendige Unterlagen nicht vollständig vorgelegt werden - und so einen positiven Genehmigungsbescheid zu erwirken. Gleichzeitig würden die Parteirechte der sonstigen Parteien ausgehebelt, die darüber hinaus auf eine Beschleunigung des Verfahrens keinen Einfluss nehmen könnten. Grundsätzlich darf die Folge der Säumnis einer Behörde nie zu Lasten eines Verfahrensbeteiligten gehen, sondern ist ausschließlich dann zulässig, wenn dadurch sämtliche Verfahrensbeteiligte begünstigt werden."

Das umstrittene Standortentwicklungsgesetz (StEntG) wurde am 6. Juli in Begutachtung geschickt, die Begutachtungsfrist läuft bis 17. August. Das Gesetz soll mit 1. Jänner 2019 in Kraft treten. Damit sollen Großprojekte "im besonderen Interesse der Republik" schneller genehmigt werden - auch wenn das zugehörige UVP-Verfahren nicht abgeschlossen ist.

Laut dem Gesetzesentwurf ist eine Beschwerde gegen die Genehmigung eines standortrelevanten Vorhabens zwar zulässig, "der mögliche Beschwerdegegenstand ist aber eingeschränkt", heißt es in den Erläuterungen des Wirtschaftsministeriums. Demnach ist eine solche nur möglich, wenn es sich um eine "Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung" handelt. Die Entscheidung, ob ein standortrelevantes Vorhaben vorliegt, trifft die Bundesregierung unterm Strich selbst im Ministerrat. Wird ein Projekt als standortrelevant bewertet, muss die UVP-Behörde dann innerhalb von 12 Monaten entscheiden. Wird die Frist überschritten, gilt das Vorhaben als genehmigt. (APA)