Österreich : Standortentwicklungsgesetz bleibt heftig umstritten

Das von der Bundesregierung geplante Standortentwicklungsgesetz, das die Genehmigung von Großprojekten beschleunigen soll, stößt auf breite Kritik von Ländern, Verfassungsexperten und Umweltschützern. Wirtschafts- und Landwirtschaftskammer sowie der Industriellenvereinigung hingegen geht das Gesetz nicht weit genug. Einig sind sich alle in ihren Stellungnahmen, dass es juristisch halten muss.

Aus dem Büro der zuständigen Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) hieß es heute: "Wir werden uns genau ansehen, ob es sich um konkrete Verbesserungsvorschläge oder reflexartige Ablehnung handelt". Wobei die Kritik auch aus ÖVP-regierten Ländern kommt. So sieht die Salzburger Landesregierung "zahllose völker-, europa- und verfassungsrechtliche Bedenken". Zuvor hatte es bereits kritische Stellungnahmen aus Tirol und Vorarlberg gegeben, dem sich auch das SPÖ-regierte Kärnten anschloss.

Mehrere Umweltschutzorganisationen haben inzwischen den Druck erhöht. Sie haben einen Brief an EU-Umweltkommissar Karmenu Vella geschrieben. Darin heißt es: "Dieses Standortgesetz untergräbt sämtliche Umwelt-Mindeststandards und wurde von führenden Verfassungs- und Verwaltungsjuristen von Anfang an als europarechtlich unzulässig kritisiert".

Der Verfassungsrechtler Heinz Mayer meinte heute: "Dieses Gesetz ist derart rechtsfern formuliert, dass man es eigentlich neu schreiben müsste. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man mit diesem Entwurf ein sinnvolles Gesetz zusammenbringt." Ähnlich klingt die Kritik von Kollegen Theo Öhlinger: "Sicher verstößt es gegen das Rechtsstaatsprinzip. Das Rechtsstaatsprinzip, das ein faires Verfahren für alle Parteien garantiert, wird hier ganz eindeutig verletzt."

Derartige Probleme sieht die Industriellenvereinigung (IV) nicht. "Wir gehen davon aus, dass das Standortentwicklungsgesetz europarechtlich und verfassungsrechtlich halten wird", sagte Peter Koren, stellvertretender Generalsekretär der IV heute.

Zustimmung zum Standortentwicklungsgesetz kommt auch von der Wirtschaftskammer - wobei sich diese noch eine Ausdehnung auf nicht direkt von UVP-Verfahren betroffene Genehmigungsvorgänge wünscht. Das Gesetz "kann einen maßgeblichen Beitrag zur Erhöhung der Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Österreichs leisten", so die Kammer. Vom Anwendungsbereich des Standort-Entwicklungsgesetzes sollten aber auch Projekte erfasst werden, die nach dem dritten Abschnitt des UVP-G einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) zu unterziehen sind (hochrangige Straßen- und Schienenvorhaben).

Die Sozialpartner von der Arbeiterkammer teilen diesen Wunsch nicht. Sie fordern vielmehr, den Entwurf zurückzuziehen. Man solle "den Dialog mit allen gesellschaftlichen Gruppen und den Sozialpartnern" und ein Gesamtkonzept für den Infrastrukturausbau suchen, damit könne man Verfahren besser beschleunigen, so AK-Direktor Christoph Klein.

Das umstrittene Standortentwicklungsgesetz (StEntG) wurde am 6. Juli in Begutachtung geschickt, die Begutachtungsfrist läuft bis heute, Freitag. Das Gesetz soll am 1. Jänner 2019 in Kraft treten. Damit sollen Großprojekte "im besonderen Interesse der Republik" schneller genehmigt werden - auch wenn das zugehörige Verfahren zur Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nicht abgeschlossen ist. (APA