Österreich : Rund 80 Häuserabrisse in Wien gestoppt

Nach dem Beschluss im Landtag ist seit Freitag ein Teil der neuen Wiener Bauordnung in Kraft. Im Zentrum stehen strengere Regeln für Häuserabrisse. Seither sind rund 80 Baustellen gestoppt worden, erklärte Rainald Löscher von der Baupolizei am Donnerstag der APA - und bestätigte damit entsprechende Zahlen in einigen Medienberichten. Es werde täglich weiter geprüft.

Die Arbeit an den betreffenden Baustellen musste wegen fehlender Genehmigungen bis auf weiteres eingestellt werden. Denn die Novelle schreibt vor, dass bei Gründerzeithäusern - also Gebäuden, die vor 1945 errichtet worden sind - zwingend eine Überprüfung durch die Magistratsabteilung 19 (Architektur und Stadtgestaltung) vorgenommen werden muss. Erst wenn die Behörde zum Schluss kommt, dass das jeweilige Haus aus architektonischen oder Gründen des Stadtbilds nicht erhaltenswert ist, darf mit dem Abbruch begonnen werden.

Insofern gilt der Baustopp in den etwa 80 Fällen so lange, bis die MA 19 entschieden hat. "Erst, wenn eine Bestätigung vorliegt, dass am Erhalt des Gebäudes kein Bedarf besteht, darf weiter abgebrochen werden", sagte Löscher. Bisher gebe es aber über noch keinen einzigen Fall eine Entscheidung, immerhin gelte die neue Regelung ja erst seit einigen Tagen.

Kontrolliert wird von der Baupolizei auch, ob Eigentümer bzw. Baufirmen nach dem verhängten Stopp auch wirklich - mit Ausnahme notwendiger Absicherungsmaßnahmen - die Arbeit ruhen lassen. Das dürfte bisher der Fall sein. "Es hat noch niemand weiter abgebrochen. Momentan sind sie alle brav", wie Löscher versicherte.

Im Büro von Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal (SPÖ) ist man jedenfalls zufrieden mit der Verschärfung. Denn die Neuerung trage nicht nur zu einer "behutsamen Stadterneuerung" bei, sondern sei zudem ein "effektiver Schutz für Mieter im Altbau", resümierte ein Sprecher gegenüber der APA.

Ursprünglich hätte die gesamte Bauordnungsnovelle erst im Herbst beschlossen worden. Nachdem laut Stadt allerdings einige Eigentümer die Zeit noch für schnelle "Last-Minute-Abrisse" von Gebäuden ohne Denkmalschutz oder außerhalb von Schutzzonen nutzen wollten, zog Rot-Grün die Notbremse und zog den Schutzpassus für Gründerzeithäuser per Initiativantrag vor.

Die Wirtschaftskammer appelliert indes an die MA 19, rasch zu entscheiden. "Die Bauinnung ist bestrebt, mit den Behörden die nun zu erwartenden Fristen abzuklären. Speziell für bereits begonnene Arbeiten ist eine rasche Information der Betriebe und Bauherren wichtig, um finanzielle Schäden zu vermeiden", hieß es am Donnerstag in einer schriftlichen Stellungnahme gegenüber der APA. Denn verzögerte Abbruchmaßnahmen würden sich auch direkt auf die Beschäftigung auswirken: "Nicht nur die Abbruchteams können nicht weiter ihrer Tätigkeit nachgehen, sondern auch die Gewerke, die die Neuerrichtung durchführen, sind direkt betroffen. Ein Kurzhalten der zeitlichen Verzögerung ist daher von extremer Wichtigkeit." Wie viele Jobs betroffen sind oder die Höhe der zu befürchtenden finanziellen Einbußen konnte man in der Kammer vorerst nicht beziffern. (APA)