Österreich : Private bei Grunderwerbsteuer massiv benachteiligt
Nicht nachvollziehbar ist für die Prüfer etwa, dass Landwirte und Firmen beim Erwerb von Liegenschaften gegenüber Privatpersonen massive Steuervorteile bekommen sollen. Besonders krass sind die Unterschiede bei teuren Immobilien. Bei unentgeltlichen bzw. teilentgeltlichen Erwerben sollen Privatpersonen dem Gesetzesentwurf zufolge weit stärker belastet werden als Betriebe, führt der Rechnungshof in seiner Stellungnahme aus. Bei einem Grundstückswert von 1 Mio. Euro soll die Grunderwerbsteuer für Private 25.250 Euro betragen, für Betriebe dagegen nur 500 Euro. "Dies entspricht einer Steuerbegünstigung von 98 Prozent im Vergleich zur Steuerbelastung von Privatpersonen", so der RH. Auch in weiteren Beispielen - der RH hat die Abgaben für Grundstückswerte zwischen 1 und 10 Mio. Euro durchgerechnet - sinke die Steuerbegünstigung niemals unter 82 Prozent. Das Finanzministerium habe diese Unterschiede nicht begründet, kritisiert der RH. Die großen Unterschiede zwischen Firmen und Privaten ergeben sich aus den geplanten neuen Steuerbegünstigungen, die Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) schaffen will. So soll etwa der bisherige Freibetrag bei bestimmten betrieblichen un- bzw. teilentgeltlichen Erwerben von 365.000 Euro auf 900.000 Euro angehoben werden - "ohne Angabe von Gründen", wie der RH bemerkt. Bei bestimmten Firmenweitergaben soll es ein Deckelung geben, die Steuer soll nur 0,5 Prozent vom Grundstückswert betragen. Auch Bauern sollen sich weiterhin ein Vielfaches im Vergleich zu Privaten ersparen, wenn sie Liegenschaften weitergeben. Der Grund: Die Land- und Forstwirtschaft bleibt bei der Bemessungsgrundlage für die Steuer bei Einheitswerten, die nur einen Bruchteil des Grundstückswerts ausmachen. Der Steuersatz ist mit 2 Prozent pauschaliert. Bei einem Grundstückswert von 5 Mio. Euro betrüge der Einheitswert 100.000 Euro, sodass Landwirte lediglich eine Grunderwerbsteuer von 2.000 Euro zu zahlen hätten. Eine Privatperson müsste dagegen 165.000 Euro hinlegen, im betrieblichen Bereich wären es 25.000 Euro. Generell ist dem Rechnungshof die vorgesehene Neuregelung der Grunderwerbsteuer zu komplex. Die staatlichen Prüfer rechnen nicht nur mit einem höheren Verwaltungsaufwand, sondern fürchten auch, dass beim Verkauf von Liegenschaften "steuersparende Konstruktionen" gewählt werden. Der Gesetzesentwurf sieht eine Trennung zwischen entgeltlichem und unentgeltlichem Erwerb vor. Käufe mit einer Gegenleistung von weniger als 30 Prozent der Grundstückswerte sollen aber als unentgeltlich gelten und daher zur Gänze unter die begünstigte Stufenregelung fallen. Anstelle des Normaltarifs von 3,5 Prozent soll also weniger an den Fiskus abgeführt werden müssen. "Hier ist mit entsprechenden Modellen der Steueroptimierung zu rechnen", so der Rechnungshof. "Nicht nachvollziehbar" ist für den RH auch die Regelung, wonach der Vorgang zu 50 Prozent als teilentgeltlich gelten soll, sollte eine Gegenleistung nicht zu ermitteln sein. Die vorgesehene Splittung des Steuersatzes könnte nach Meinung des RH ebenfalls zu Umgehungen sowie höherem Verwaltungsaufwand führen. Vorgesehen ist, einen Teil des Erwerbs als entgeltlich und einen anderen Teil als unentgeltlich - zwischen größer als 30 Prozent und bis zu 70 Prozent - anzusehen. Nur bei einer Gegenleistung von mehr als 70 Prozent des Grundstückswerts soll der Normalsteuersatz von 3,5 Prozent für die gesamte Bemessungsgrundlage zur Anwendung kommen. Beim unentgeltlichen Grundstückserwerb soll künftig der sogenannte Grundstückswert - ein neuer Satz, der ein Vielfaches des Einheitswerts ausmacht - als Bemessungsgrundlage herangezogen werden. Die Steuer soll gestaffelt erhoben werden: bis 250.000 Euro 0,5 Prozent, bis 400.000 Euro 2,0 Prozent und darüber 3,5 Prozent. Die Staffelregelung soll auch bei einem Splittung im Familienverband zum Tragen kommen. Dass künftig auch die Weitergabe von Immobilien innerhalb von Familien teurer werden soll, schmeckt der Notariatskammer gar nicht. Die neue Begünstigung unentgeltlicher Erwerbe gegenüber entgeltlichen Erwerben statt familiärer und nicht familiärer Erwerbe versage, da dadurch verschuldete Privatpersonen ebenso bestraft würden wie Unternehmen mit Bankschulden. Es sei gleichheitswidrig, bei Privatpersonen oder bei der Übergabe von Familienunternehmen die unentgeltliche Variante gegenüber jener mit der Übernahme von Schulden und Gewährung von Ausnahmerechten zu begünstigen. (APA)