Deutschland : Neuer HeidelCement-Chef drückt bei Verkäufen aufs Tempo

Der Baustoffkonzern HeidelbergCement treibt die Trennung von unprofitablen Standorten voran und kommt seinen Renditezielen schneller näher als gedacht. Nach dem Verkauf seines Geschäfts in Kuwait zu Jahresbeginn seien fünf weitere Desinvestitionen im Köcher, sagte Vorstandschef Dominik von Achten in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters. Der ein oder andere Abschluss könne im ersten Halbjahr realisiert werden.

"Wir schalten jetzt einen Gang hoch. Und das geht schneller, als wir ursprünglich gedacht haben", betonte der Konzernchef. Gleichzeitig sollten die Kernmärkte durch Zukäufe gestärkt werden. "Vorwärtsgang heißt eindeutig nicht, dass wir jetzt auf Großwildjagd gehen", betonte von Achten. "Grundsätzlich sehen wir in allen Fokusmärkten die Möglichkeit für kleinere Transaktionen, die das Portfolio weiter verbessern."

Der 55-Jährige hatte vor rund einem Jahr den längjährigen HeidelCement-Chef Bernd Scheifele abgelöst. Im Herbst kündigte von Achten an, den internatonalen Baustoffriesen stärker auf Rendite statt Umsatzwachstum zu trimmen. Schwache Firmenteile sollen abgestoßen werden, wenn sie den Gewinn nicht nach oben schrauben können. Einzelne Werke oder Teile von Werke könnten deshalb auf die Verkaufsliste kommen. Nach einer Schätzung der Brokerage Mainfirst, jetzt Stifel Research, vom September werfen Vermögenswerte im Umfang von bis zu 2,5 Milliarden Euro bei HeidelCement zu wenig Gewinn ab. Zu Zahlen oder Regionen wollte sich von Achten nicht äußern. Nur soviel: "Natürlich gibt es einige Marktpositionen, die sind so rock solid, die packen wir nicht auf die Verkaufsliste. Ein Beispiel dafür ist unser Markt Nordeuropa." Auch Indonesien gehöre dazu.

So wie unter seinem Vorgänger bleibt Sparsamkeit bei HeidelCement oberstes Gebot, um die Gewinnspanne zu erhöhen. Die operative Rendite (Ebitda) soll von 2019 bis 2025 um drei Prozentpunkte auf 22 Prozent steigen. Im vergangenen Jahr sei es bei der Umsatzrendite einen "Riesenschritt" nach vorne gegangen, betonte von Achten. Von Jänner bis September war die Quote bereits um eineinhalb Prozentpunkte auf 20,8 Prozent gestiegen, allerdings war der Umsatz um acht Prozent auf 13 Milliarden Euro gesunken. Die vorläufigen Geschäftszahlen veröffentlicht HeidelCement am 23. Februar.

Der zweitgrößte Zementproduzent nach Lafarge-Holcim ist in mehr als 50 Ländern in Europa, Nordamerika und Asien vertreten. Bei Zuschlagstoffen wie Sand, Kies oder Split und Transportbeton sind die Kurpfälzer Weltmarktführer. In seinem ersten Jahr an der Spitze des Dax-Konzerns sei der Betriebsgewinn trotz des Dämpfers durch die Corona-Pandemie im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, erklärte der Konzernchef. "Wir sind jetzt in sehr solidem Fahrwasser angekommen", sagte er. "Beim Ergebnis des laufenden Geschäftsbetriebs vor Abschreibungen und Steuern haben wir gesagt, dass wir über 2019 liegen werden. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir das hinkriegen." Damit sei auch das Ziel erreichbar, den Verschuldungsgrad unter dem Multiplikator zwei zu halten - und damit die Nettofinanzschulden knapp doppelt so hoch wie das Betriebsergebnis.

Auch am Einsparziel von einer Milliarde Euro liquider Mittel sei das Unternehmen nah dran. Den Aktionären bleibt ein Corona-Schock bei der Dividende wie im vergangenen Jahr, als sie von den ursprünglich geplanten 2,20 Euro auf 60 Cent zusammengestrichen wurde, erspart: "Wir haben immer gesagt, dass wir baldmöglichst wieder zu einer soliden und stetig wachsenden Dividende zurückkehren wollen. Und ich bin optimistisch, dass wir das für die Dividende 2020 auch tun können."

Mit Blick auf das laufende Jahr sagte von Achten, der Baustoffkonzern habe einen guten Start hingelegt. Es gelinge, höhere Preise durchzusetzen. In Bezug auf die Marktentwicklung sei er optimistisch, wenngleich in der Pandemie noch immer Unsicherheit herrsche. "Wir erwarten Rückenwind von den Infrastrukturprogrammen, beispielsweise in den USA, Australien, Indien und Italien." Während der private Wohnungsbau kräftig weiterwachse, bleibe die Entwicklung im Büro- und Gewerbebau wegen des Trends zu mehr Homeoffice abzuwarten.

Den digitalen Schub in der Corona-Krise machte sich auch HeidelCement zu Nutze, wie von Achten erklärte. Neben Hygienemaßnahmen und Massentests in Werken und auf Baustellen gehörten jetzt Videokonferenzen zum Alltag des Unternehmens. "In Indonesien haben die Kollegen beispielsweise eine digitale Werksführung durchgeführt. Die hat zwei Stunden gedauert. Früher hätte mich das mit An- und Abreise drei Tage gekostet." (APA)