Kommentar aus SOLID 06/2016 : Nach KH Nord: Prem über das Vergabe-Unwesen

Das ungeliebte Bundesvergabegesetz regelt die Vergabe von Aufträgen durch öffentliche Auftraggeber und wird als Verursacher für mangelnde Flexibilität, schleppende Projektdurchführung und für hohe Preise ausgemacht. Diese Analyse teilt der Großteil der Auftraggeber und der Auftragnehmer in ungewohnter Harmonie. Die Rolle des Schuldigen war auch zu besetzen, da Bauprojekte, insbesondere solche die durch öffentliche Auftraggeber durchgeführt werden, in vermehrtem Ausmaß in Katastrophen enden. Die Regelung des öffentlichen Beschaffungswesens ist als Teil der europäischen Rechtsordnung ein wesentlicher Zivilisationsbeitrag. Ziel ist die Förderung der europäischen Volkswirtschaften und der Schutz der Bürger vor der Last ungerechtfertigter Subventionen. Das auf nationaler Ebene formulierte Bundesvergabegesetz soll daher schädlichen Protektionismus reduzieren und leistungsorientierten Wettbewerb fördern. Nicht zuletzt dient das Bundesvergabegesetz auch dazu, einen wesentlichen Beitrag zur Korruptionsprävention zu leisten. Persönliche oder politische Nähe soll durch professionelle und transparente Vertragsbeziehungen ersetzt werden. Jede Reaktion führt natürlich auch zu einer Gegenreaktion. Zum einen haben diverse Experten das Bedürfnis das Bundesvergabegesetz zu umgehen als speziellen Tätigkeitsbereich erschlossen. Zum anderen führt der hohe Komplexitätsgrad der Vergabeverfahren und des Vertragsmanagements zu einer natürlichen Verunsicherung bei der Mehrheit der öffentlichen Auftraggeber. Eine Ursache für diese Verunsicherung liegt auch darin, dass ein professionelles Vergabe- und Vertragsmanagement nicht gelehrt wird. Schulungen des Bundesvergabegesetzes bieten hierfür keine umfängliche Lösung. Die Entwicklung der Vertragsarchitektur (organisatorische und rechtliche Vertragselemente) und die Formulierung von Arbeitspaketen sowie das laufende Management von Verträgen sind hohe Anforderungen die noch nicht ausreichend entwickelt sind. Als Bauherrnvertreter hatte ich in den letzten 10 Jahren die Möglichkeit, für die Stadt Wien komplexe Projekte in der Krankenanstalt Rudolfstiftung, im Kaiser-Franz-Josef-Spital, Wilhelminenspital, Krankenhaus Hietzing und im Donauspital zu organisieren. Das Projekt Krankenhaus Nord wurde allerdings nicht unter meiner Verantwortung und nicht nach meinen Vorgaben durchgeführt. Bei allen von mir organisierten Projekten gelang der Sachbeweis, dass durch ein professionelles Vergabe- und Vertragsmanagement nicht nur sämtliche Projektziele eingehalten und Leistungen völlig claimfrei erbracht wurden sondern das auch die Errichtungskosten deutlich unter den sonst üblichen Kosten lagen. Insbesondere konnte durch entsprechenden Wettbewerb der regionale Nachteil bei den Errichtungskosten ausgeglichen und eine Annäherung an das deutlich tiefere deutsche Niveau erreicht werden. Diese wesentlichen Vorteile konnten sowohl für Projekte mit traditioneller Einzelgewerksvergabe errungen werden als auch für Projekte die unter Einbindung von Operate-Leasing und Public-Private-Partnership Modellen durchgeführt wurden. Mut zum Wettbewerb und zur Transparenz sowie die Qualifikation der öffentlichen Auftraggeber, auch um einen ruinösen Wettbewerb zu verhindern, sind die Herausforderungen die es anzunehmen gilt. Friedrich Prem ist als Bauherrnvertreter (Construction Client Representative) international tätig und karenzierter Vertragsbediensteter beim KAV Wien