Malaysia : Lufttunnel aus ETFE-Folienkissen

Alle paar Minuten zwängt sich die fahrerlose Hochbahn Kelana Jaya Light Rail Train (LRT) durch das Häusermeer im Großraum Kuala Lumpur, der Hauptstadt Malaysias. An der engsten Stelle verlaufen die Schienen weniger als drei Meter entfernt von einem Wohngebäude und einem Hotel. Um die Anwohner vor der hohen Geräuschbelastung zu schützen, hat der Betreiber Malaysias ersten "Tunnel in der Luft" errichtet. Er umschließt ein kurvenförmiges Teilstück der Strecke mit 363 Folienkissen, die aus dem Werkstoff 3M Dyneon Fluoroplastic ETFE extrudiert wurden.

Mit dem wirtschaftlichen Erfolg erreichen in Asien auch die Verkehrsprobleme neue Dimensionen. Die Lösung der Wahl ist der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. So auch im Großraum Kuala Lumpur in Malaysia, mit mehr als sieben Millionen Einwohner eine der am dichtesten besiedelten Regionen auf der Halbinsel. In den vergangenen Jahren wurde das Streckennetz der Hochbahn Kelana Jaya LRT auf fast 50 Kilometer ausgeweitet. Der Bau von Hochbahnen entlastet den ebenerdigen Verkehr ebenso wie U-Bahnen, ist aber wesentlich kostengünstiger zu realisieren.

An der engsten Stelle der bislang letzten Ausbaustufe betragen die Abstände zum nächsten Wohnhaus und Hotel weniger als drei Meter. Das führt nicht nur zu einer enormen Lärmbelastung für die Anwohner. Die Fahrgäste der Bahn hatten auch direkten Blick in die Wohnungen und Hotelzimmer. Darum entschied der Streckenbetreiber "Prasarana Rail and Infrastructure Projects" die Engstelle mit Lärmschutzelementen auszustatten und für den Sichtschutz einen "Tunnel in der Luft" zu errichten.

Komplexe Formgebung mit 363 individuellen Folienkissen

Die Realisierung übernahm Architen Landrell mit Sitz in Großbritannien, eines der führenden Unternehmen für den Einsatz von Membranen und Folien in der Architektur, das bereits mehr als 6.000 Leichtbau-Konstruktionen in 48 Ländern installiert hat. Die besondere Herausforderung in Malaysia war die Streckenführung in Form einer Kurve und die beengten Platzverhältnisse zwischen den Gebäuden. Das Unternehmen konstruierte den Lufttunnel aus 363 Stahlrahmen, in die jeweils zwei Folien eingespannt sind. Pneumatisch unterstützt entstehen so Folienkissen. Der Tunnel hat eine komplexe dreidimensionale Form. Keines der 363 Folienkissen ist identisch mit einem anderen. Um diese Komplexität zu beherrschen, entwickelte das Unternehmen eine spezielle Software.

Die Folien für die rund 2.500 Quadratmeter große Außenfläche des Lufttunnels hat die Nowofol Kunststoffprodukte GmbH & Co. KG aus dem Hochleistungswerkstoff 3M Dyneon ETFE extrudiert. Die NOWOFLON® ET 6235Z Folien produziert das Unternehmen in Stärken zwischen 80 - 400 Mikrometer sowohl transparent, als auch in nahezu allen RAL-Farbtönen und als Infrarotstrahlen absorbierende Ausführung. Im Lufttunnel wurden transparente und silberne Folien verbaut. Darüber sorgen mehrere ungefüllte Rahmen für den Druckausgleich, wenn Züge hindurchfahren.

Hohe Brandsicherheit und weitestgehend selbstreinigend 3M Dyneon ETFE ist chemisch nahezu universell beständig, auch gegenüber aggressiven Abgasemissionen, und gilt als nicht brennbar. Der Hochleistungswerkstoff erfüllt die notwendigen europäischen und US-amerikanischen Normen beispielsweise für den Einbau in Sportstadien. Für die malaiischen Behörden erbrachte Architen Landrell weitere Nachweise der Brandsicherheit, eine wichtige Eigenschaft in unmittelbarer Nähe zu bewohnten Gebäuden.

Der nachträgliche Bau des Tunnels erfolgte im Sommer 2016 im laufenden Bahnbetrieb. Die einzelnen Rahmen wurden mit der bestehenden Hochbahnkonstruktion verbunden. Das war nur mit einer sehr leichten Konstruktion möglich. Im Vergleich zu Glaskonstruktionen wiegen die Folien weniger als fünf Prozent. Dadurch kann die Tragwerkkonstruktion ebenfalls um Faktoren filigraner und leichter ausgelegt und Kosten durch einen geringeren Materialeinsatz eingespart werden. ETFE-Folienkissen bewähren sich seit mehr als dreißig Jahren in allen Klimazonen der Welt. Ihre Oberfläche ist so glatt, dass ein

Regenschauer ausreicht, um sie weitestgehend zu reinigen. Das reduziert die Lebenszykluskosten. Für den Einsatz in den Subtropen ebenfalls wichtig: Bei der Extrusion der Folien aus 3M Dyneon ETFE benötigt Nowofol Kunststoffprodukte keine Weichmacher, die ausdampfen können, was Rissbildungen und Versprödungen zur Folge hätte. Die hohe Reinheit des Hochleistungswerkstoffes bietet vielmehr auch nach jahrzehntelangem Einsatz selbst in feuchtheißen Klimazonen keinen Halt für Algen und Pilze. (pts)