Raumplanung : Landwirtschaftskammer fordert weniger aggressive Verbauung

"Auf nur 12 Prozent der Erdoberfläche erzeugt rund ein Viertel der Weltbevölkerung alle im Handel befindlichen Nahrungsmittel und agrarischen Rohstoffe, so die Wissenschaft. In nur 35 Jahren muss jedoch doppelt so viel Nahrung wie heute produziert werden, weil die Weltbevölkerung Jahr für Jahr um 80 Mio. Menschen wächst. Auf der anderen Seite gehen in Österreich täglich mehr als 20 ha, in der Europäischen Union täglich rund 1.000 ha, landwirtschaftlicher Boden verloren. Wir müssen daher unsere Lebensgrundlage, das Kraftwerk Boden, mit Leidenschaft erhalten. Der Landwirtschaft gelang es durch gezielte Maßnahmen, wie Winterbegrünung, die Böden vor Wind- und Wasser-Erosion besser zu schützen. Der Verlust durch Verbauung und Versiegelung jedoch konnte nicht gebremst werden. Hier sind Bundesländer und Bundesrat gefordert, deutliche Antworten auf offene Fragen der Raumplanung, wie Rekultivierung oder Baulandreserven, zu geben", erklärte Hermann Schultes, Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich, im Rahmen der Dialogveranstaltung LK Klartext zum Thema Boden."Das Kraftwerk Boden, das die Energie des Sonnenlichts durch die Pflanzen in Leben umwandelt, braucht unsere volle Zuwendung. Es liegt nämlich an uns, ob die Ressource als Deponie missbraucht und so zerstört wird", so Schultes, der in diesem Zusammenhang die steigende Verwendung fossiler Rohstoffe als eine der wesentlichen Ursachen für globale Bodenverluste nannte. "Das beginnt bei der massiven Bodenzerstörung in den Ölförderländern und endet in den durch den Klimawandel weltweit gefährdeten Böden." Auch die Verwendung bester Böden als "Parkplatz" für die menschliche Infrastruktur, also für Verkehrs-, Wohn-, Produktions- oder Entsorgungsflächen brauche auf Nachhaltigkeit ausgerichtete Spielregeln, so der LK Österreich-Präsident. Schultes wörtlich: "Im Verhältnis zur landwirtschaftlich genutzten Fläche geht in Österreich täglich nahezu doppelt so viel Fläche verloren wie in Deutschland. Das geht auf Dauer nicht gut."Forderung nach landwirtschaftlichen VorrangflächenSchultes wiederholte in diesem Zusammenhang die Forderung der Landwirtschaftskammer nach klaren Raumordnungsrichtlinien, nach denen zuerst unverbaute Baulücken oder Industriebrachen verbaut werden sollten, ehe neues Bauland umgewidmet wird: "In Österreich gibt es derzeit bereits 76.000 ha Baulandreserve. Das heißt, dass diese Flächen bereits umgewidmet worden sind, derzeit bewirtschaftet werden, aber jederzeit verbaut werden dürfen.""25% der Fläche Österreichs sind naturschutzrechtlich geschützt. Landwirtschaftliche Flächen jedoch, die die Lebensgrundlage des Landes und seiner Bewohner bilden, unterliegen keinem besonderen Schutz. So könnten agrarische Vorrangflächen eingerichtet und Böden für die landwirtschaftliche Produktion geschützt werden. Hier sind die Bundesländer mit ihrer Raumordnungskompetenz, aber auch der Bundesrat aufgefordert, ganz konkrete Vorschläge zu entwickeln, wie wirksam verhindert werden kann, dass sich der Flächenverlust noch weiter beschleunigt", verlangte Schultes und weiter: "Auch die Schaffung von ökologischen Ausgleichsflächen erhöht den Flächendruck. So beansprucht ein Infrastrukturprojekt hochwertige Agrarflächen im Verhältnis eins zu zwei. Mögliche Alternative dazu könnte die landwirtschaftliche Nutzung der Ausgleichsflächen sein.""Wir wollen aber auch, dass Betreiber, die ihre Anlage auf der 'grünen Wiese' errichten, Vorsorge für eine Rekultivierung der Flächen treffen, sollten diese nicht mehr dem Zweck der Widmung entsprechen. Außerdem ist so raumsparend wie möglich zu bauen. Es ist jedenfalls nicht bodenschonend, neben Supermärkten große Parkplätze zu errichten, da Autos auch oberhalb oder unterhalb des Marktes parken könnten. Auch die öffentliche Hand, die beispielsweise Straßenmeistereien baut, muss angehalten werden, dies nicht auf den allerbesten Ackerböden zu tun", so Schultes weiter.Biodiversität, Begrünung"Wir werden uns aber auch in der LK-Beratung stärker bei diesem Thema engagieren. Denn wir wollen eine Emotionalisierung des Boden-Themas, um noch mehr Leidenschaft für die Ressource auszulösen. Unverbaute Böden zeichnen sich durch ihre hohe Biodiversität aus. Sie stellen den Lebensraum für Tiere und Pflanzen dar, auf und in ihnen findet der Kreislauf des Lebens statt. Bodenschutz ist daher ein wesentlicher Beitrag zur Biodiversität", ergänzte Schultes und wies auf Maßnahmen hin, die mit dem neuen EU-Programm Ländliche Entwicklung in der EU-Agrarpolitik möglich wurden.

"Daher werden wir die Beratung in Richtung Biodiversität im und auf dem Boden und zum Thema Begrünung weiter ausbauen und über die neuen Programm-Möglichkeiten informieren. Denn nur gesunde Böden sind die Grundlage für vitale Bestände und weniger Pflanzenschutz. Damit schließt sich der Kreislauf von der emotionalen Zuwendung zum Boden über den ökonomischen Vorteil für den Landwirt bis letztendlich zum Qualitätsvorteil für den Konsumenten", so Schultes. (ots/pm)