Schweiz : Immobilienmarkt zeigt Sättigungstendenzen

Seit dem letzten Jahr zeigt der Schweizer Immobilienmarkt Schwäche. Vor allem die Nachfrage nachEigentumswohnungen hat nachgelassen, wofür Banken und Immobilienmakler vor allem die Verschärfung der Vergabekriterien verantwortlich machen. Sie blenden dabei aus, dass auch die rekordhohen Immobilienpreise Wirkung zeigen.

Banken und Immobilienmakler haben einen neuen gemeinsamen Gegner ausgemacht. Es ist die Regulierung bei der Vergabe von Hypothekarkrediten. So klagte der Chef der Raiffeisenbanken Patrik Gisel wiederholt über die seiner Ansicht nach viel zu strengen Tragbarkeitskriterien bei der Vergabe von Hypotheken.

Immobilienexperten nannten in einer Umfrage des Beratungsunternehmens Moneypark die Verschärfung der Regulierung als größte Gefahr für den Schweizer Immobilienmarkt. Ein solcher Schritt drohe einen ohnehin schon sehr konservativen Markt weiter auszutrocknen, heißt es in einer Mitteilung von Moneypark vom Freitag.

Der Ärger der Banken und die Angst der Immobilienbranche sind dabei nicht unbegründet. Tatsächlich hat sich in den letzten zwei Jahren gleichzeitig mit der Verschärfung der Tragbarkeitskriterien das Hypothekarwachstum abgeschwächt. Ebenso haben die 90er-Jahre gezeigt, dass unkoordinierte Eingriffe einen Absturz des Immobilienmarkts verstärken können.

Daraus zu schließen, dass allein aufgrund der Regulierung die Nachfrage am Immobilienmarkt nachgelassen hat, ist jedoch falsch. "Dass sich der Markt leicht abgekühlt hat, ist auf das Zusammenspiel von verschiedenen Faktoren zurückzuführen", sagt Robert Weinert vom Beratungsunternehmen Wüest Partner auf Anfrage der sda. So zeige einerseits der Markt Sättigungstendenzen. "Viele Haushalte haben bereits den Traum von Wohneigentumrealisiert", sagt Weinert. Er verweist dabei auch auf den Umstand, dass sich die Wohneigentumsquote in der Schweiz kontinuierlich erhöht hat. Vor allem aber dämpfen laut Weinert die deutlich gestiegenen Immobilienpreise im Zusammenspiel mit den erhöhten Anforderungen die Nachfrage. Beides bewirkt, dass Haushalte heute beim Hauskauf über mehr Kapital und Einkommen verfügen müssen als noch vor einigen Jahren.

Gleichzeitig haben die rekordtiefen Zinsen zur paradoxen Situation geführt, dass sich die Attraktivität von Wohneigentum trotz gestiegenen Immobilienpreisen erhöht hat. "Für das gleiche Objekt sind die jährlichen Aufwendungen inklusive Amortisation auch beim höheren Kaufpreis heute tiefer als vor zehn Jahren", sagt Weinert. Zudem habe sich das nicht in Immobilien gebundene Vermögen der Haushalte erhöht. Damit hat sich der Kreis derjenigen, die sich vermeintlich Wohneigentum leisten können, ausgedehnt. Die Banken stellen auch darum einen Anstieg der abgelehnten Finanzierungsanfragen fest. Das wird sich allerdings ändern, sobald die Zinsen deutlich anziehen. Das sei jedoch für das nächste Halbjahr nicht absehbar, sagt Weinert.

Beim Immobilienmarkt selbst sieht er jedoch den Zenit überschritten. "Der Boom auf dem Immobilienmarkt hat den Höhepunkt erreicht", sagt er. Um das Gleichgewicht am Markt wieder herzustellen, sei sogar eine gewisse Korrektur wünschbar. Diese ist bereits in einigen Regionen wie dem Genfer- und dem Zürichsee eingetroffen. Grundsätzlich stehe jedoch das Wohneigentums-Segment auf einem stabilen Fundament, da das Umfeld für die Immobilienwirtschaft nach wie vor gut sei, sagt Weinert. (APA)