SOLID 2/2017 : Doppelt hält besser - bei Wienerberger
SOLID: Warum hat Wienerberger Österreich jemand zweiten in die Geschäftsführung berufen? Franz Kolnerberger: Der Hintergrund ist die Integration von Wienerberger und Tondach Gleinstätten. Wienerberger ist ja seit 25 Jahren in immer größerem Ausmaß an der Tondach beteiligt. Jetzt hat Wienerberger 82 Prozent der Aktien und damit ist diese Zusammenführung möglich. Die restlichen 18 Prozent haben derzeit noch Banken. Diese Option kann die Wienerberger AG frühestens 2018 ziehen, dann wird eine Fusion auch gesellschaftsrechtlich möglich sein.Ich selber bin seit 25 Jahren bei Wienerberger, war viel im Ausland, im Vertrieb und im Produktmanagement tätig. Seit einem Jahr bin ich zusammen mit Gerhard Hanke Vorstand der Tondach Gleinstätten AG.Durch die Zusammenführung haben wir jetzt eine Dimension von über 480 Mitarbeitern in 12 Standorten erreicht und so haben wir jetzt den nächsten Schritt gemacht. Wie sieht dieser Schritt im Detail und in der Praxis aus? Kolnerberger: Wir haben die Bereiche getrennt. Christian Weinhapl ist für Produktion, Finanzen und Administration zuständig und ich für Vertrieb und Marketing. Warum hat man nicht entlang der Produktlinien getrennt? Kolnerberger: Weil es genau darum geht, die Produktlinien zu integrieren - unser Wahlspruch lautet da: Dach und Wand aus einer Hand. Das heißt, sie gehen auch gemeinsam Dach und Wand verkaufen? Wenn man die Wand nimmt, gibt es die Hälfte vom Dach dazu? Kolnerberger (lacht): Da gibt es natürlich entsprechende Möglichkeiten. Aber im Ernst: wir werden uns vertriebsseitig so aufstellen, dass wir in Österreich drei Regionen haben, wo beide Produktlinien von einer einzigen Person verantwortet werden. Der Außendienstmitarbeiter geht aber weiter zu seinem Dachdecker und der für die Wand zu seinem Baumeister. Das interne Ziel ist aber natürlich, dass die Informationen und Leads weitergegeben werden. Wie steht denn das Match Ziegel gegen Beton? Mein Eindruck ist, dass beim Beton forschungsseitig sehr viel passiert und mit der Bauteilaktivierung eine Stoßrichtung da ist, beim Ziegel kommt es mir eher ruhig vor. Wie sehen sie das? Christian Weinhapl: Das Match ist vor allem im urbanen Bereich und im großvolumigen Wohnbau ein Thema. Das Einfamilienhaus hat bei uns sicher sehr großes Volumen, aber der Geschoßwohnbau ist natürlich von eminenter Bedeutung, vor allem, wenn man sich die Bevölkerungsentwicklung anschaut. Wir arbeiten da ja auch schon seit vielen Jahren mit verstärkter Mannschaft und dem Ansprechen von Architekten und Bauträgern in sehr frühen Projektphasen.Dem Ziegel sind natürlich im tragenden Mauerwerksbereich gewisse Limitationen gesetzt - alles, was über sechs Geschoße geht, ist in tragendem Mauerwerk mit Ziegel zwar lösbar, aber nicht einfach.Unser Eindruck ist aber, dass es durch das Projekt 2226 von Dietmar Eberle doch zu einem Umdenken gekommen ist. In den letzten 1 1/2 Jahren sagen immer mehr Bauträger: wenn ich mit einem Mineralwolle-verfüllten einschaligen Ziegel alle technischen Anforderungen erfüllen kann, dann hat es Sinn, in diese Richtung zu denken, weil man ja auf die außenliegende Wärmedämmung verzichten kann. Wir haben da aus der letzten Zeit eine Fülle an Referenzprojekten.Ein Zukunftsthema wird aber sicher das Thema Ausfachungsmauerwerk sein, wo wir uns stärker positionieren wollen und werden.Generell glaube ich aber, dass auch wir in den letzten zehn Jahren an Entwicklungsgeschwindigkeit ordentlich zugelegt haben - mit Planziegel, Dryfix und dem wärmedämmungsverfüllten Ziegel, den es jetzt seit ca. zwei Jahren gibt. Diese Linie ist so erfolgreich, dass wir im nächsten Jahr in der Produktion auf Dreischichtbetrieb gehen werden. Und auch im Bereich Sanierung haben wir neue Produkte auch für die Innendämmung entwickelt. Kolnerberger: Die nächste Variante ist dann der W.i Objekt Plan für mehrgeschossiges, großvolumiges Bauen - ein Produkt, das wir mit Anfang 2017 neu einführen und das noch mehr Druckfestigkeit, bessere Schallschutzwerte etc. hat. Davon erwarten wir uns sehr viel. Weinhapl: Wir werden uns dazu im technischen Außendienst auch verstärken. Es wird neben den drei Regionen mit dem Artikelvertrieb eine vierte Vertriebseinheit geben, in der wir alle Produkte unter einer Führungskraft zusammenfassen, um alles gemeinsam an die Entscheidungsträger als One-face-to-the-customer heran zu tragen. Kolnerberger: In Deutschland gibt es ja einen massiven Abwärtstrend beim Styropor. Genau daraus ziehen wir jetzt einen riesigen Vorteil. Weinhapl: Die gesamte Diskussion zum Heizwärmebedarf in Österreich war aber sicher sehr problematisch für uns - in anderen europäischen Ländern wurde immer der Gesamtenergieverbrauch betrachtet, inklusive Warmwasser, Beleuchtung etc., bei uns ging es fast nur über die Gebäudehülle. Dabei macht die Heizwärme nur mehr ca. 25 Prozent vom Gesamtenergieverbrauch aus.Das ist, als hätten wir bei einem Auto einen Benzinverbrauch von sagen wir 6,5 l und wir reden nur über den Verbrauch der Klimaanlage.Die ganze Branche muss da sicher viel ganzheitlicher denken. Wie sieht es mit der Marktdurchsetzung der W.i.-Linie in Deutschland aus? Weinhapl: Nachdem die Idee von einer Tochtergesellschaft aus Süddeutschland gekommen ist, ist dort die Marktdurchdringung deutlich höher als in Österreich. Das heißt im Umkehrschluss: Wir hier haben noch genügend Potenzial! Wie weit können sie von einem Werk aus realistisch ausstrahlen? Kolnerberger: Beim Dach haben wir einen Radius von 500 bis 600 km, bei der Wand 250-300 km - und bei hochwertigen Produkten kann man sicher noch ein Stückchen weiter fahren. Im Vertrieb gehen wir ja über den Baustofffachhandel und über unsere Logistikzentren. Neben dem Neubau ist ja die Sanierung das große Thema der Baubranche. Für den Wandbereich haben sie ja bereits über den Vorsatz W.i-Ziegel gesprochen. Wie sieht es mit den Innovationen beim Dach aus? Kolnerberger: Da legen wir einen großen Teil unserer Energie hinein. Im Fokus steht dabei die raschere und einfachere Verarbeitung des Dachziegels am Dach. Es geht dabei um ein bis zwei Zentimeter Spielraum bei der Montage - früher musste das millimetergenau passen - und Ineinander-Verschiebbarkeit der Ziegel. 2016 haben wir außerdem mit der Sturmsicherung im Ziegel namens Sturmfix eine Weltinnovation präsentiert. Und dann tun wir im Dachbereich auch optisch einiges, damit das nicht immer alles gleich aussieht. Wie wird sich 2017 aus ihrer Sicht entwickeln? Weinhapl: Wir erwarten auf jeden Fall nach dem schon guten Jahr 2016 weiteres Marktwachstum. Auch die Innovationen sollten hier wirksam werden.Wir haben außerdem den Auftrag für die Argeton-Fassade beim Projekt Belvedere beim Hauptbahnhof bekommen. Das ist quasi das Pendant zum Holzhochhaus in der Seestadt Aspern und da sind wir sehr stolz darauf, es sind immerhin nach Laufmetern 18 Kilometer Fassadenelemente.Und nachdem das Thema Planziegel so gewachsen ist, werden wir im Frühjahr in Uttendorf in eine weitere Schleifanlage investieren und dort dann das gesamte Sortiment herstellen können. Das Interview führte Thomas Pöll