Österreich : Die Anti-Lohn- und Sozialdumpingregeln ab 2017 im Überblick

Mit der Bündelung der bisher verstreuten heimischen Bestimmungen gegen Lohn- und Sozialdumping in einem einzigen Gesetz soll der Kampf gegen diese Missstände verschärft werden. Arbeitnehmer, die aus dem EU-Ausland nach Österreich entsandt werden, sollen gleich gut entlohnt werden wie die hier beschäftigten. Am Bau haften künftig die Auftraggeber für eine Unterbezahlung solcher "Entsendeter". Das neue "Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz" (LSD-BG), das mit 1. Jänner 2017 in Kraft tritt, zielt auf ein noch wirksameres Gegensteuern zur Verhinderung von Lohnzahlungen unter dem jeweiligen heimischen Kollektivvertragsniveau durch ausländische Dienstleistungserbringer bei Entsendungen von Arbeitnehmern nach Österreich. Es vereint die schon in den vergangenen Jahren wesentlich verschärften Regelungen, die etwa im Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) und im Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG) enthalten waren - und bringt obendrein einige Neuerungen. Aus Sicht von KPMG sind die wichtigsten Neuerungen: Änderungen der Meldepflichten, die neue Haftung für Auftraggeber im Bauwesen sowie eine vertiefte Zusammenarbeit von österreichischen Behörden mit den Behörden anderer EU-Staaten, um den Vollzug des LSD-BG bei ausländischen Arbeitgebern besser gewährleisten zu können. Zu den Meldepflichten: Ab Jänner muss die Meldung eines aus einem EU-Staat entsandten oder überlassenen Arbeitnehmers nach Österreich nicht mehr eine Woche vor Arbeitsantritt gemeldet werden, es reicht die Meldung bis unmittelbar vor Arbeitsantritt. Ganz neu ist die sogenannte "Bauherrenhaftung", die zu den bisher im AVRAG verankerten zwei Haftungstatbeständen als dritter hinzutritt. Das LSD-BG führt in dem für Arbeitnehmer besonders unsicheren Baubereich für Entgeltansprüche eine Haftung des Auftraggebers ein. Beauftragt der Auftraggeber ein ausländisches Unternehmen, haftet er in der Regel für die Zahlung der Entgelte an dessen entsandte oder grenzüberschreitend überlassene ausländische Arbeitskräfte nach den österreichischen Vorschriften, wie es beim Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen KPMG heißt. Voraussetzung für diese neue Auftraggeberhaftung gemäß § 9 LSD-BG ist neben der Entsendung oder Überlassung auch, dass Bauarbeiten im Sinne des § 3 Abs. 6 LSD-BG erbracht werden. Damit der Arbeitnehmer die Haftung bei einem Endkunden durchsetzen kann, tritt als weiteres Erfordernis die Erkennbarkeit des geplanten Lohn- und Sozialdumpings für den Auftraggeber hinzu, wie Bauinnungs-Jurist Christoph Wiesinger kürzlich in "bauaktuell", einer Fachpublikation für privates Baurecht, erläutert hat: "Unter Endkunde ist hier nicht nur eine Privatperson zu verstehen, sondern auch ein Unternehmer, sofern er selbst die Bauleistung ursprünglich in Auftrag gegeben hat." Unter "Bauarbeiten" fällt vieles, aufgezählt wird dies im LSD-BG entsprechend dem Anhang der EU-Entsende-Richtlinie, die die Basis des Gesetzes darstellt: die Errichtung, Instandhaltung, Instandsetzung, der Umbau oder der Abriss von Bauwerken, Aushub, Erdarbeiten, Bauarbeiten im eigentlichen Sinne, Errichtung und Abbau von Fertigbauelementen, Einrichtung oder Ausstattung - aber auch Umbau, Renovierung, Reparatur, Abbauarbeiten, Abbrucharbeiten, Wartung, Instandhaltung (Maler- und Reinigungsarbeiten). Zur Frage, wie Auftraggeber eine spätere Unterentlohnung im Vorfeld erkennen könnten, was ja Voraussetzung für die Haftung ist, meinte Jurist Wiesinger kürzlich in der Manz-Zeitschrift "immolex": "So müssen sich auch Konsumenten bei einem Angebot fragen, warum dieselbe Leistung heute nur mehr einen Bruchteil von dem kostet, was der (österreichische) Auftragnehmer vor ein paar Jahren verlangt hat. Auch die gute Empfehlung vom Nachbarn, dass er eine 'unschlagbar günstige Partie' vermitteln kann, führt schon zur Erkennbarkeit." Was das neue LSD-BG noch bringt: Eine Ausdehnung der Ausnahmen vom Entsendebegriff (für bestimmte Entsendungen innerhalb eines Konzerns), Änderungen bei den Bereithalte- und Meldepflichten inklusive einer Erhöhung der Strafrahmen, eine (weitere) Verschärfung des sogenannten Montage-Privilegs (also der Regelungen über die Ausnahme von inländischen Mindeststandards bei Entgelten und Urlaub) sowie eine aliquote Sonderzahlungspflicht auch bei der Überlassung nach Österreich. Nicht alle Juristen stellt das neue LSD-BG freilich zufrieden. Für den Rechtsanwalt Philipp Maier, Partner bei Baker McKenzie in Wien, lautete das Fazit kürzlich in einem Zeitungskommentar: "Trotz erkennbarer Bemühungen um mehr Transparenz und Klarheit ist das LSD-BG letztlich ein bürokratischer Koloss in neuem Gewand ausgestattet mit zusätzlichen Bestrafungsmöglichkeiten." Zu hoffen bleibe, dass sich der staatliche Kontroll- und Bestrafungsapparat die echten schwarzen Schafe vornehme und das neue Gesetz nicht zum Anlass nehme, Unternehmen flächendeckend das wirtschaftliche (Über-)Leben noch schwieriger zu machen, so Maier. (APA)