Die bereits zur Landmark stilisierte Form von PXT Architekten fällt durch den Kontrast zu den benachbarten Industrie- und Gewerbebauten auf. Sowohl bei entfernter als auch näherer Betrachtung zeigt sich nicht nur die perfekte Erfüllung aller funktionalen Bedürfnisse, sondern auch einiges an spannendem Körper. Den Schwung der bogenförmigen Außenfassade nimmt die Architektur ins Innere mit und formt hier ein aufregendes Atrium, umhüllt von bogenförmigen Balkonen und Galerien. Auch die WEGA, eine Sondereinsatzeinheit der österreichischen Polizei in der Bundeshauptstadt Wien, hat dieses sechsgeschossige Atrium bereits für spektakuläre Abseilübungen benutzt.
Gefinkelte Vermeidung von Auffahrunfällen auf der Tangente
Das Zentrum des Kreises als Grundkonzept verschiebt sich vertikal und fädelt alle wichtigen Elemente des ÖAMTC Stützpunktes, von den Werkstätten über Beratung, Büros bis zum Helikopterlandeplatz am Dach an einer Achse auf. Damit dieser vollwertige Flugplatz auf der obersten Ebene mitten in der Stadt entstehen konnte, war ein Spießrutenlauf durch sämtliche Bau- und sonstige Behörden notwendig. Denn direkt daneben befindet sich mit der Wiener Südost-Tangente Österreichs meist befahrene Straße. Um Auffahrunfälle durch neugierige Autofahrer zu vermeiden, ist der direkte Landepunkt des Helikopters soweit zurückgesetzt, dass vorbeifahrende Autos ihn nicht wahrnehmen können. Der Hubschrauber hebt in einer trichterförmigen Abflugschneise ab, bis er in den Kontrollbereich der Austro Control kommt.
Damit das Fluggerät aber landen und abheben kann, sind viele auch bautechnische Aspekte zu berücksichtigen. Einer betrifft die Gebäudetechnik (und in weitere Folge die betrieblichen Sicherheitsrichtlinien), die sich auch mit dem Helikopterlandeplatz am Dach befassen musste. Zum Beispiel dürfen die Personen des Rettungspersonals nicht auf dem Weg zum Helikopter durch sogenanntes „stehendes Gewässer“ waten müssen. Das bedeutet, dass jedes durch Regen oder anderen Niederschlag auftretendes Wasser auf der insgesamt 1.630 Quadratmeter großen Fläche schnellstmöglich weggeleitet werden können. Dafür mussten spezielle Systeme für die Entwässerung eingesetzt werden. Durch den sogenannten „Downwash“ – er entsteht beim Landen des Helikopters durch die nach unten gepresste Luft – wird nämlich Wasser in großen Mengen in die Umgebung geschleudert. Kleine Steine, wie sie etwa von Krähen im Flug verstreut werden, werden dabei wie Geschosse in die Umgebung mittransportiert.
Wasser nicht nur entsorgen, sondern auch nutzen
Die Anforderungen an die Entwässerung von Hubschrauberlandeplätzen sind überaus komplex. Spezielle Systeme sollen einerseits den Menschen vor dem Wasser schützen, andererseits auch das Wasser vor dem Menschen. Denn es geht nicht nur darum, das Wasser einfach in die Kanalisation ein- und wegzuleiten, sondern darum, es als wertvolle Ressource zu nutzen. Also muss das Wasser nach dem Auf- oder Abfangen auf der Betonfläche gereinigt werden.
Allfällige Benzin- oder Ölanteile werden dabei in Mineralölabscheidern herausgefiltert, das gereinigte Wasser kann dann in Versickerungssystemen im Erdreich dem natürlichen Kreislauf wieder zugeführt oder in die Kanalisation eingeleitet werden. Solche Landeplätze werden nicht mit Punktentwässerungen (da kämen zu viele und aufwendige Gefälle zusammen), sondern mit einer Linienentwässerung entwässert. Sie bietet geringere Bauhöhen und das war am Dach dieses Gebäudes aus konstruktiven Gründen eine Notwendigkeit.
Schlüssel Polymerbeton
Das Material, aus dem diese Rinnen hergestellt werden, ist Polymerbeton. Normaler Beton wird aus Zement, dem Zuschlagsstoff Sand oder Kies und Wasser hergestellt. Polymerbeton besteht ebenfalls aus einer Gesteinskörnung, wird aber mit einem Polymerharz versetzt. Er bindet in wenigen Minuten ab und weist bei gleicher Dichte wesentlich höhere Festigkeitswerte auf. Bauteile wie Rinnen können somit schlanker und leichter konstruiert werden.
Polymerbeton hat außerdem höhere Biegefestigkeit und eine Wassereindringtiefe von Null. Damit sind Frostschäden im Winter ausgeschlossen. Beim Heliport am ÖAMTC Gebäude wurde die ACO Drain Multiline verbaut, insgesamt 290 Laufmeter Flachrinnen. Die Belastbarkeit der Rinnen ist mit D400 angeben, das heißt 400 Kilonewton (40 Tonnen) Druckbelastung hält das Material aus. (Laut Norm gilt diese Belastungsklasse auch für Fahrbahnen von Straßen sowie Seitenstreifen von Straßen und Parkflächen, die für alle Arten und Gewichtsklassen von Straßenfahrzeugen geeignet sind.) Und natürlich wird auch die 104 Quadratmeter große Fassadenfläche am Helikopterflugplatz für eine sichere und schnelle Ableitung großer Regenmengen, sowie mit einer Rückstaureserve bei schlagartig anfallendem Regen gesichert – hier wurde die bewährten ACO Profiline verbaut.
Diese Entwässerungssysteme sind nicht nur ausschließlich am Heliport verbaut, sondern durchziehen das gesamte ÖAMTC-Mobilitätszentrum wie ein Adernetzwerk. Das gleiche System wie am Heliport wird auch bei den Freiflächen rund um das Gebäude verwendet. Obwohl auch hier die Funktionalität im Vordergrund steht, trägt das verbaute System mit Stegrost wesentlich zum ästhetischen Erscheinungsbild bei. Gleichzeitig mit den gestalterischen Ansprüchen hat man so die technischen und nutzerorientierten Aspekte optimiert und vor allem die Sicherheit berücksichtigt. Die rutschhemmende Struktur des Profilrostes verspricht optimale Sicherheit für alle Nutzer. (Peter Reischer)