Deutschland : Corona-Krise bedroht Gewerbeimmobilien-Markt in Deutschland

Der deutsche Markt für gewerbliche Immobilien kannte seit Jahren nur eine Richtung: nach oben. Im ersten Quartal gab es Studien zufolge in Deutschland so viele Immobilientransaktionen wie noch nie. Doch die Corona-Krise hat dem Höhenflug ein abruptes Ende bereitet. Experten erwarten sinkende Preise für Hotels, Einkaufszentren und Büros. Die Aktionäre von Immobilienfinanzierern fürchten steigende Kreditausfälle und werfen die Aktien aus ihren Depots: Die Papiere der Aareal Bank und der Deutschen Pfandbriefbank (pbb) haben seit Mitte Februar rund die Hälfte ihres Börsenwerts verloren.

"Die aktuelle Corona-Krise könnte weitreichende Folgen für die Immobilienwirtschaft haben", sagt Christian Schulz-Wulkow, Leiter des Immobiliensektors bei Ernst & Young. Einer Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft zufolge hat sich der positive Ausblick für Büroimmobilien vom Jahresanfang umgekehrt: Knapp Dreiviertel der Befragten erwarteten sinkende Preise, Anfang 2020 seien gerade einmal zwei Prozent davon ausgegangen. Noch stärkere Auswirkungen befürchten die Experten für Einzelhandelsimmobilien und Hotels. Die Analysten des Immobilienvermittlers NAI Apollo prognostizieren steigende Leerstandsquoten. Anmietungen von neuen Büroflächen würden verschoben oder komplett abgesagt.

In Städten wie Frankfurt sei bereits ein Rückgang bei Bürovermietungen zu sehen, sagt Karsten Jungk, Geschäftsführer des Immobilienberaters Wüest Partner. "Infolge dessen ist mit stagnierenden Mieten in Top-Lagen und einem Rückgang in B-Lagen zu rechnen." Richtig durchschlagen auf dem Immobilienmarkt werde die Krise aber wohl erst in den kommenden Monaten, sagt Wolfgang Speer, Geschäftsführer bei der Immobilienberatung Colliers. Firmen verzögerten ihre Expansionspläne, Mietgesuche im kleinen bis mittleren Flächensegment seien stark zurückgegangen, Firmen würden statt Neuanmietungen vermehrt Mietverlängerungen anstreben, bei denen Mietsteigerungen in der Regel nicht so leicht umsetzbar seien.

Manche Experten rechnen gar mit einem Strukturwandel - auch weil durch die Corona-Krise von vielen Unternehmen das Arbeiten von zu Hause neu entdeckt wurde. "Die krisenbedingte Zunahme der Heimarbeit könnte die Nachfrage nach Büroraum strukturell reduzieren", schreibt Deutsche-Bank-Immobilienspezialist Marc Schattenberg in einer Studie. "In diesem Fall könnten Leerstände das Zyklusende einläuten." Vor allem in Ballungszentren könnten die Preise dann temporär fallen. LBBW-Analyst Martin Güth hält bei Büros Preisrückgänge im zweistelligen Prozentbereich für möglich.

Investoren von Immobilienfinanzierern brauche daher in den kommenden Monaten wohl starke Nerven. "Letztlich gibt es bei Anlegern die Sorge, dass vermehrt Immobilienkredite ausfallen", sagt Analyst Philipp Häßler vom Handelshaus Pareto Securities. Besonders die Kreditportfolien aus dem Büro-, Hotel und Einkaufszentren-Bereich würden kritisch gesehen.

Experten setzen aber darauf, dass der Immobilienmarkt auch in Zukunft von den niedrigen Zinsen und den weit geöffneten Geldschleusen profitieren werden. Die erhöhte Liquidität, die die Zentralbanken im Kampf gegen die Krise in die Märkte pumpen, werde nach einer Phase des Innehaltens auch wieder ihren Weg in die Immobilienmärkte finden. "Das wird sich dann auch wieder in Nachfrage nach realen Assets niederschlagen", sagt Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater.