Deutschland : Bilfinger will nur mehr in Kernregionen anbieten

Der kriselnde deutsche Industriedienstleister Bilfinger will sein Geschäft noch stärker bündeln und mittelfristig wieder wachsen. "Es bleibt ein kleiner Teil von Firmen, die nicht in die neue Strategie passen", sagte der seit Anfang Juli amtierende Bilfinger-Chef Tom Blades am Dienstag in Mannheim. Das gelte etwa für Aktivitäten in Südafrika. Bilfinger werde die Geschäfte weiterführen, aber auch zum richtigen Zeitpunkt verkaufen. Am Vorabend hatte der MDax-Konzern seine neue Strategie präsentiert. Kern ist die Konzentration auf zwei Geschäftsbereiche in vier Regionen und sechs Industrien. Die Geschäfte sollen noch stärker gebündelt werden. Nach einem Übergangsjahr will der Konzern nach Jahren des Umbruchs wieder wachsen. Bilfinger will mit einer neuen Struktur ab 2018 auf einen stabilen Wachstumspfad zurückkehren. Im laufenden Geschäftsjahr werde der Umsatz erneut sinken, wenn auch nicht mehr so stark wie 2016, erklärte das Unternehmen am Montag. "Zunächst wird der Konzern stabilisiert, dann auf- und ausgebaut", teilte Bilfinger mit. Der neue Vorstandschef, Tom Blades, peilt bis 2020 eine bereinigte operative Rendite von fünf Prozent an. So viel Profit erreichte Bilfinger zuletzt 2013, als der frühere hessische Ministerpräsident Roland Koch noch Vorstandschef war und die Krise begann. Seit Kochs Abtritt im Sommer 2014 ist der Brite Blades der vierte Chef, der den Niedergang des strauchelnden MDax-Konzerns stoppen will. Bilfinger steckt seit drei Jahren in der Krise, da die Nachfrage nach Ingenieurdiensten für Kunden im Energiesektor und der Chemieindustrie mit Energiewende und Ölpreisrückgang rapide sank. Auch bestand das als Baukonzern groß gewordene Unternehmen durch Zukäufe aus Hunderten von Firmen, die ein Eigenleben mit vielen Doppelstrukturen führten. Im vergangenen Jahr verkaufte Bilfinger auf Druck seines Großaktionärs Cevian, einem schwedischen Finanzinvestor, seine Bau- und Immobilienservicesparte. Nur der Verkaufserlös von 538 Mio. Euro bewahrte Bilfinger 2016 vor dem dritten Verlustjahr in Folge. Aus dem Konzernergebnis von 271 Mio. Euro will der Mannheimer Konzern wieder eine Dividende von einem Euro je Aktie zahlen, nachdem die Vergütung 2016 ausfiel. Auch ein Aktienrückkauf im Volumen von 150 Mio. Euro ist geplant. Operativ fiel vor Steuern, Abschreibungen und Sonderfaktoren im vergangenen Jahr ein kleiner Gewinn von 15 Mio. Euro an, nach einem Verlust von 23 Mio. Euro im Vorjahr. Und das, obwohl der Umsatz um 16 Prozent auf 4,2 Mrd. Euro schrumpfte. Ab 2018 will Blades den Umsatz jährlich um fünf Prozent steigern - und damit stärker wachsen als der einschlägige Markt des Ingenieurdienstleisters nach eigener Einschätzung. Künftig soll Bilfinger aus zwei Sparten bestehen: dem Industrieanlagenbau und der Instandhaltung von Anlagen. Hier sieht der ehemalige Linde-Manager und Energieexperte Blades viel Potenzial. Die Anzahl der Anlagen weltweit steige, werde immer komplexer und die Nutzung immer länger. "Wir bündeln unsere eigenen Stärken sehr viel effektiver, um von dieser Entwicklung zu profitieren", erklärte Blades. Bilfinger will sich nicht mehr nur auf Europa konzentrieren, wie es Blades Vorgänger Per Utnegaard vorhatte, sondern sich auch in Nordamerika und im Nahen Osten engagieren. Die Kosten in Vertrieb und Verwaltung will der Vorstand von mehr als 10 auf 7,5 Prozent des Umsatzes drücken. Ob dazu mehr Personalabbau notwendig ist, blieb offen. Derzeit beschäftigt Bilfinger knapp 37.000 Mitarbeiter - 13 Prozent weniger als vor Jahresfrist und etwa nur noch halb so viel wie zum Höhepunkt 2009. (APA)