Österreich : Beschäftigungsbonus wackelt

Der Beschäftigungsbonus, der Betrieben für die Schaffung neuer Jobs eine Ermäßigung bei den Lohnnebenkosten zusichert, wackelt. Die EU-Kommission prüft noch, ob damit die Arbeitnehmerfreizügigkeit verletzt wird. Der österreichische EU-Rechtsexperte Walter Obwexer sagte im ORF-"Mittagsjournal" dass seiner Meinung nach Österreich den Beschäftigungsbonus nach EU-Recht nicht abschaffen müsste.

Wenn der Europäische Gerichtshof bei seiner bisherigen Rechtsprechung bleibt, sollte eine Entscheidung "eigentlich zugunsten des Bonus ausgehen", meint Obwexer. Die damit verbundene Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit lasse sich mit dem Ziel der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit rechtfertigen. Der Bonus diskriminiere nur bei neu geschaffenen Stellen, was einen nur kleinen Teil des Arbeitsmarktes ausmache.

Das Finanzministerium möchte vermeiden, dass Förderungen zurückgefordert werden und empfiehlt daher, bis zur Schaffung von Rechtssicherheit keine Mittel auszuzahlen. Bis Mitte 2018 ist das noch kein Problem, da erst dann, ein Jahr nach dem Start, die ersten Gelder fließen sollen. Für die Firmen entsteht nun aber Unsicherheit.

Zu EU-rechtlichen Fragezeichen kommt noch die innenpolitische Unsicherheit: Die Verhandler aus ÖVP und FPÖ über eine neue Koalitionsregierung stehen dem Beschäftigungsbonus skeptisch gegenüber. Gernot Blümel (ÖVP) sagte, der Bonus solle nur aufrechterhalten werden, "wenn er sinnvoll ist, denn es kostet einiges an Geld, und da muss es auch was bringen". Für FPÖ-Verhandler Norbert Hofer steht die Maßnahme zur Disposition, weil man die Mittel besser einsetzen könne.

Das Problem dahinter ist jedenfalls relevant: Inzwischen haben 11.000 Betriebe für 50.000 neue Jobs um Förderungen angesucht, schreibt Martin Gleitsmann, Leiter der Abteilung Sozialpolitik in der WKÖ, in einer Aussendung. Die EU-Prüfung sei sinnvoll, es müsse aber rasch Sicherheit für die Betriebe geben. Und sollte die neue Bundesregierung den Beschäftigungsbonus von sich aus abschaffen, dann "sollten bereits gestellte Anträge jedenfalls noch rasch erledigt werden". Auch sollte das Modell vor einer Abschaffung noch evaluiert werden.

Arbeiterkammer-Präsident Rudolf Kaske sieht eine etwaige Abschaffung des Beschäftigungsbonus pragmatisch. In einer Pressekonferenz sprach er sich für eine Evaluierung aus, ob es "Mitnahmeeffekte" gebe. Danach könne man beurteilen, wie es mit dem Beschäftigungsbonus weitergehen soll. Die "Aktion 20.000" sei ihm jedenfalls "viel wichtiger", sagte Kaske.

Für Noch-Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ), der sich für dessen Einführung sehr eingesetzt hatte, wäre die Abschaffung des Bonus "eine wirtschaftspolitische Irrfahrt". Viele Unternehmen hätten sich darauf verlassen. Die Sorgen des Finanzministeriums wegen EU-Recht seien "eine Fehleinschätzung", die Frage der Personenfreizügigkeit stehe vor einer Klärung. Man sollte den Bonus aber auf Menschen beschränken, die arbeitslos sind. "Weil wir haben gesehen, dass die neuen Arbeitsplätze, die in Österreich in den letzten fünf Jahren geschaffen worden sind, fast ausschließlich durch Zuzug aus dem europäischen Raum, aus EU-Staaten eingenommen worden sind." (APA)

Symbolbild

- © Michael Hetzmannseder