Österreich : Bauboom verteuert öffentliche Bauprojekte

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Wer baut, wenn alle bauen, muss mit höheren Preisen rechnen. Eine der APA vorliegende Studie des Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) hat unter dieser Annahme untersucht, wie stark öffentliche Auftraggeber den Bauboom in Österreich zu spüren bekommen. Das Ergebnis: Weniger Wettbewerb um öffentliche Aufträge führt zu höheren Vergabepreise, was Kostenüberschreitungen wahrscheinlicher macht.

"Wir zeigen in der Studie, dass sich die starke Baukonjunktur fast spiegelbildlich in weniger Wettbewerb um öffentliche Aufträge niederschlägt. In weiterer Folge wirkt dies auch auf die Vergabepreise - beispielsweise kommt es häufiger zu Überschreitungen der ursprünglichen Kostenschätzung", erklärte Studienautor Michael Klien gegenüber der APA.

Demnach sinkt die Zahl der Angebote je Ausschreibung seit 2015 merklich. Im Durchschnitt ging die Zahl der Angebote zwischen 2015 und 2018 um 25 Prozent zurück - von 6 auf 4,5. In einzelnen Bausegmenten wie dem Leitungstiefbau und dem Ingenieursbau habe sich die Zahl der Angebote je Ausschreibung seit 2015 sogar halbiert. Um hohe Baukosten zu vermeiden, sollten öffentliche Auftraggeber daher die Baukonjunktur im Auge behalten.

Die Wirtschaftsforscher haben sich für die Studie unkonventioneller Daten bedient. Sie haben die EU-Datenbank Tenders Electronic Daily (TED) ausgewertet, in der öffentliche Bauaufträge ab 5,5 Mio. Euro ausgeschrieben werden müssen. "Um diese Daten nutzbar zu machen haben wir mehrere hunderttausend Einzelausschreibungen durchsucht, gefiltert und die relevanten Informationen extrahiert", so Klien. Mittels statistischer Glättungsverfahren sind dann Zeitreihen zur Entwicklung von Angeboten und Vergabepreisen erstellt worden.

Der Vergleich der Jahre 2006 bis 2018 zeigt der Studie zufolge, dass die Teilnahme von Baufirmen an öffentlichen Ausschreibungen von der Konjunktur beeinflusst wird. Umgekehrt können die Daten auch als zeitnaher Konjunkturindikator für die Bauwirtschaft herangezogen werden. Mit der zunehmenden Verfügbarkeit von öffentlichen Vergabedaten - seit 1. März 2019 müssen in Österreich auch Vergaben im Unterschwellenbereich ab 50.000 Euro veröffentlicht werden - ergeben sich für Ökonomen neue Möglichkeiten der Analyse.

Der Ausgangspunkt der Studie war, dass sich im Zuge des Konjunkturaufschwungs vermehrt öffentliche Einrichtungen mit steigenden Baupreisen konfrontiert sahen, etwa die Wiener Linien - für die das Wifo ebenfalls ein Studie zu diesem Thema erstellt hat - aber auch die gemeinnützigen Bauvereinigungen. Die Folge sind Bauverzögerungen aufgrund hoher Angebotspreise.

So erklärte der Wiener U-Bahn-Betreiber voriges Jahr, dass sich der Ausbau der Linie U2 und der Neubau der U5 um bis zu ein Jahr verschiebt, weil zwei Großaufträge neu ausgeschrieben wurden. Als Grund für die nochmalige Ausschreibung gab Wiener-Linien-Geschäftsführer Günter Steinbauer "inakzeptable Angebote" an, deren Summen "von der Höhe her nicht plausibel und nicht vertretbar" gewesen seien. "Wir wissen nach 30 Jahren Erfahrung schon recht gut, was ein Meter Tunnel kosten sollte", so Steinbauer damals. (APA)