Bürocheck : Ausgerechnet Bananen

Ein Hingucker sind sie allemal: die drei von Architekt Georg Reinberg entworfenen Gebäude in der Gleisdorfer Feldgasse. Sie zieren Wintergarten, Solarkollektoren und eine kleine Photovoltaik-Anlage – ein stimmigeres, energieeffizientes Bürogebäude ließ sich kaum errichten. Schließlich ist das Institut für nachhaltige Technologien der Arbeitsgemeinschaft Erneuerbare Energie (AEE Intec) aus der Solarkollektor-Selbstbaubewegung entstanden. Und da ist die blau schimmernde Siedlung mit dem Namen „Sundays“ wie maßgeschneidert.

„In der Übergangszeit ist es hier sehr angenehm. Kaum kommt die erste Sonne heraus, sitzen wir für kleinere Besprechungen schon im Wintergarten“, erklärt AEE Intec-Geschäftsführer Ewald Selvicka. Der Wintergarten fungiert gleichermaßen als üppige Grünoase wie als Zugang zu den einzelnen Büroräumen. „Alle zwei Jahre haben wir Bananenernte“, schmunzelt Selvicka. „Offensichtlich fühlen sich die Pflanzen hier wohl.“ Und die Menschen tun es auch, allerdings mit kleinen Abstrichen.

Mitdenken ist Pflicht

„Im Hochsommer wird es nachmittags manchmal schon sehr heiß“, seufzt Selvicka. „Vor allem in den hinteren Gebäuden macht der Wintergarten mit seiner Schrägverglasung in den Sommermonaten Probleme. Aber das glaubt ja kein Architekt.“ Im vorderen Gebäude mit Vertikalverglasung sei die Überhitzung mit Nachtlüftung leichter in den Griff zu bekommen.

Dazu müssen die Gebäudenutzer allerdings mitdenken. „Es ist kein automatisches Haus. In Schlechtwetterperioden kann man die Nachtlüftung nicht gleich belassen wie bei warmem Wetter“, erklärt Selvicka. Auch ist es ratsam, im Sommer die Bürotüren zu schließen, damit keine zusätzliche Wärme aus dem Wintergarten eindringen kann.

Die Büroräume selbst – auch die Chefbüros – sind mit 15 Quadratmeter recht spartanisch ausgefallen. Beide Geschäftsführer, Werner Weiß und Ewald Selvicka, teilen sich ihre Arbeitskojen mit einem Mitarbeiter. Während bei der Fläche gespart wurde, legte man bei der Möblierung jedoch Wert auf Vollholz-Schreibtische.

Erweitern

Bei der Errichtung 1998 war nur das erste der drei Reihenhäuser als Bürogebäude konzipiert. Doch inzwischen ist die AEE kräftig gewachsen und hat ihren Büroraum auf eines der ehemaligen Wohngebäude ausgedehnt. Auch der Besprechungsraum ist mittlerweile zu klein geworden. Ursprünglich war der Standort für 15 Mitarbeiter konzipiert, doch inzwischen forschen in Gleisdorf bereits 25 Fachleute an den Themen Solarwärme, nachhaltige Gebäude, Wasser und Abwasser sowie an der Messtechnik. Vor drei Jahren errichtete AEE Intec eine Prüfhalle mit einem Kollektorprüfstand. Hier wird gerade ein solarthermisches Kühlsystem bestehend aus einer Parabolrinnenkollektoranlage und einer Dampfstrahlkältemaschine entwickelt.

Selbstuntersuchung

Von der Wirtschaftskrise spürt man bei der AEE Intec nichts. „Wir haben derzeit eher mehr Forschungsprogramme“, erklärt Selvicka. „Die Länder müssen bis nächstes Jahr genau erklären, wie sie das 20-20-Ziel erreichen wollen.“ Bis ins Jahr 2020 ganze 20 Prozent CO2 einzusparen – dazu bedarf es viel an Know-How.

Genauestens untersucht werden auch die drei 1998 errichteten Gebäude. Die Aktivsolarhäuser erreichen Energiekennzahlen von 14 bis 27 Kilowattstunden je Quadratmeter und Jahr. Am sparsamsten erwies sich – wenig überraschend – das Bürogebäude. Denn hier sorgen die EDV und die menschliche Wärme der Mitarbeiter für einen Teil der Heizenergie. Reicht diese Wärme und jene aus Wintergarten und Solarkollektoren nicht aus, wird der zentrale Wärmespeicher von einem Pelletskessel gespeist. Speicherwirksam sind auch einzelne Betonwände in den Leichtbauten. Statt konventioneller Heizkörper wurden Wandflächenheizungen eingebaut.

Aktiv solar oder passiv?

Auch eine Lüftungsanlage wurde installiert – mit Erdreichwärmetauscher für die Zuluft, aber ohne Wärmerückgewinnung. „Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung steckten damals noch in den Kinderschuhen“, erklärt Selvicka. „Und so haben wir uns stattdessen für einen hohen Solaranteil bei der Heizung entschieden.“ Eine Frage, vor der umweltbewusste Bauherren elf Jahre später noch immer stehen: Lieber ein Passivhaus oder ein aktivsolares Niedrigenergiehaus? Oder gar eine Kombination aus beidem? „Im Passivhaus ist der Energiebedarf für das Warmwasser höher als der Heizenergiebedarf“, sagt Selvicka und macht sich keine Sorgen, dass der Passivhausstandard der Solarthermie das Wasser abgraben könnte. (Robert Koch)