Österreich : Asfinag-Evaluierung: Sima warnt vor Aus für Stadtentwicklung in Aspern

Seestadt Aspern
© Luiza Puiu

Die Wiener Verkehrs- und Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) warnt davor, die geplante Verlängerung der Wiener Nordostumfahrung (S1) - inklusive Tunnel durch die Lobau - nicht zu bauen. Dies würde auch unweigerlich ein Aus für die Stadtentwicklung rund um das Flugfeld Aspern bedeuten. Wohnungen für 60.000 Menschen könnten damit nicht gebaut werden, erläuterte sie im Gespräch mit der APA. Verantwortlich dafür sei der entsprechende Bescheid zur Umweltverträglichkeitsprüfung.

Dass Umwelt- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) das Bauprogramm der Asfinag evaluieren lässt und damit die Planung für diese Vorhaben zumindest bis Herbst gestoppt sind, hat zuletzt für aufgeregte Debatten gesorgt. In deren Zentrum stand - einmal mehr - die umstrittene Wiener Außenringautobahn. Was die Evaluierung konkret bedeutet, ist zwar noch offen, Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) kündigte bei einem Stopp vorsorglich aber bereits juristische Schritte an.

SP-Stadträtin Sima verwies heute auf einen Aspekt, der indirekt ebenfalls mit dem Großprojekt zusammenhängt. Stadtentwicklungsprojekte in der Seestadt Aspern bzw. im Bereich nördlich des neu erschlossenen Stadtteils stünden auf der Kippe, versicherten sie. "An der Stadtstraße hängen Wohnungen für 60.000 Menschen." Denn an die Umweltverträglichkeitsprüfung sehe auch eine Straßenanbindung vor, gab sie zu bedenken: "Das ist behördlich in der UVP vorgeschrieben."

Und zwar müssten beide Abschnitte realisiert werden, die Stadtstraße, für die die Stadt zuständig sei, und die Verbindung zwischen Seestadt und Umfahrung - also die Spange Aspern - die vom Bund gebaut werden müsse, erläuterte Sima. Gebe es hier eine Lücke, könnten die Stadtteile nicht errichtet werden.

"Für uns ist das eine Horrornachricht und ich kann nicht glauben, dass das geht." Wohnbauträger hätten bereits Projekte entwickelt und hier Geld investiert. Die Stadtstraße solle ab September gebaut werden, das Vergabeverfahren laufe. "Wir haben den point of no return bereits überschritten."

Doch auch eine Verzögerung alleine wäre fatal, versicherte jedenfalls Sima. Was laut der Ressortchefin auch mit dem Schienenverkehr zu tun hat. Denn für Anfang 2022 sei von der Asfinag die Errichtung der S1-Unterführung für die Schnellbahnlinie S 80 bei Raasdorf vorgesehen. Die ÖBB würden zu diesem Zeitpunkt Arbeiten zum Ausbau der Strecke durchführen und diese ohnehin sperren.

Ab dem Zeitpunkt, wo die S80 wieder in Betrieb sei, seien Streckensperren für die Errichtung kaum machbar, befand Sima. Die jetzige Evaluierung habe also massive Auswirkungen auf die Nutzung des geplanten Zeitfensters.

ÖAMTC ebenfalls mehr als skeptisch

Auch der ÖAMTC hat Berechnungen zur geplanten wie auch umstrittenen Lobautunnel in Wien angestellt, mit - laut eigenen Angaben - unerwarteten Konsequenzen. "So überraschend das auch klingen mag: Eine Verschiebung oder gar Verhinderung des Lobautunnels spart keine CO2-Emissionen und Kosten ein, sondern sorgt für eine höhere Belastung bei Umwelt und Betroffenen", sagte Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung, am Dienstag in einer Aussendung.

Grund dafür sind die häufigen Überlastungs-Staus auf der Südost Tangente (A23), die erst nach dem Bau des Lobautunnels der Vergangenheit angehören würden. "Jedes Jahr, in dem der Lobautunnel später fertiggestellt wird, entstehen auf der überlasteten Südost Tangente über 500 Millionen Euro an vermeidbaren Staukosten. Zusätzlich werden beinahe 75.000 Tonnen an Treibhausgasen freigesetzt - mehr als eineinhalbmal so viel, wie der gesamte Inlandsflugverkehr pro Jahr produziert", führte Wiesinger weiter aus.

Als Grundlage für die Berechnungen des ÖAMTC diente das UVP-Verfahren für die S1 - die geplante Nordostumfahrung samt Lobautunnel ist ein Verlängerung davon -, in dem für die A23 je nach Abschnitt eine Entlastungswirkung zwischen zehn und 29 Prozent festgestellt wurde. Aus den Erfahrungen der Vergangenheit wiederum ergebe sich, dass es auf der Südost Tangente 45 Wochen pro Jahr durchschnittlich an vier Tagen die Woche für sechseinhalb Stunden in jede Richtung auf sechseinhalb Kilometern zu Stau und Verzögerungen komme, hieß es. "Unsere Annahmen sind durchwegs vorsichtig. Wir gehen davon aus, dass in den Staubereichen Pkw im Schnitt anstatt 80 und Lkw anstatt 60 nur mit 15 km/h unterwegs sind", so Wiesinger.

Die Debatte rund um den seit Jahren umstrittenen Lobautunnel ist jüngst erneut aufgeflammt, als bekannt wurde, dass Umwelt- und Verkehrsministerin Leonore Gewessler (Grüne) derzeit das Bauprogramm der Asfinag evaluieren lässt und damit die Planung für diese Vorhaben zumindest bis Herbst gestoppt sind. Zu den Projekten, die gecheckt werden, zählt eben auch die Nordostumfahrung.

Was die Evaluierung konkret bedeutet, ist zwar noch offen, Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) kündigte bei einem Stopp vorsorglich aber bereits juristische Schritte an.

Auch der ÖAMTC wies in seiner heutigen Aussendung darauf hin, dass eine mehrjährige Verzögerung für die Fertigstellung der S1 außerdem im Raum stehe, weil aufgrund des Ausbaus der Bahnstrecke Richtung Bratislava möglicherweise der Wasserrechts-Bescheid für das Lobautunnel-Projekt seine Gültigkeit verlieren könnte und das wasserrechtliche Verfahren neu aufgerollt werden müsse. (APA)