Bauindustrie : Acht verrückte Geschichten aus der Baubranche

Das kleinste Hochhaus oder der größte Schwindel

Eigentlich werden Wolkenkratzer ja erst ab einer Höhe von 150 Metern auch als solche bezeichnet. Doch der kleinste Wolkenkratzer der Welt ist tatsächlich nur etwa zwölf Meter hoch. Diese Inkongruenz basiert auf einem folgenschweren Schwindel. 1919 machte der Ingenieur J.D. McMahon der Stadt Wichita Falls in Texas das Angebot, ein Hochhaus zu bauen. Die Stadt war durch Petroleumfunde schnell in Bevölkerungszahlen und Wohlstand gewachsen und brauchte dringend Büroflächen. Dementsprechend begeistert zeigten sich Investoren von dem Projekt, das in der Gemeinde den Beginn einer Skyline machen sollte, und McMahon kassierte 200.000 Dollar ein – was heute fast drei Millionen Dollar entspricht. Da er seine eigenen Bauarbeiter einsetzte, kamen die Investoren erst nach und nach dahinter, dass das Haus statt den erwarteten 150 nur 12 Meter hoch wurde. Doch in dem folgenden Gerichtsverfahren konnte McMahon sich gut aus der Affäre ziehen – auf seinen von den Investoren genehmigten Plänen stand immer nur 480 Zollund nie 480 Fuß. Das vier Stockwerke große Gebäude steht heute noch.

57 Stockwerke und noch mehr Ambition

Ein anderes Hochhaus und eine Geschichte von Arbeitswut eher als Schwindel. Im April 2015 errichtete das chinesische Bauunternehmen Broad Sustainable Buildingin nur 19 Arbeitstagen einen Wolkenkratzer mit 57 Stockwerken. Der Konzern beanspruchte daraufhin für sich, niemand anderer könne so schnell bauen. Das Hochhaus namens Mini Sky City aus Glas und Stahl in der Stadt Changshawuchs drei Stockwerke pro Tag – möglich gemacht durch eine modulare Bauweise. „Traditionell muss ein Wolkenkratzer Ziegel für Ziegel gebaut werden, aber mit unserer Methode setzen wir einfach nur die Blöcke zusammen“, sagt Chen Xiangqian, Ingenieur bei Broad Sustainable Building. Immerhin gingen der sichtbaren Bauzeit viereinhalb Monate voraus, in denen die 2.736 Module vorgefertigt wurden. Und es gab auch Kritik aus der Branche, die Menschen würden heute eine persönlichere Note in der Architektur bevorzugen.

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Die Cheops-Pyramide schlägt sie alle

Das höchste Gebäude der Welt ist bekanntlich derBurj Khalifa in Dubai. Der Wolkenkratzer, der mit einer Gesamthöhe von über 829 Metern als „megatall“ gilt, führt die Weltrangliste aber erst seit einem Jahrzehnt an – und wird, so der Plan, schon 2021 abgelöst werden. Das dann höchste Gebäude der Welt wird der Jeddah Tower in Saudi-Arabien mit 1.000 Metern Höhe sein. Kein von Menschen geschaffener Bau war auch nur annähernd so lange das höchste der Welt wie die Cheops-Pyramide in Gizeh. Erst nach 3.800 Jahren wurde sie 1311von der Lincoln Cathedral abgelöst. Seither war kein Gebäude je länger das höchste als 250 Jahre lang.

Eine Kleinstadt am Bau

AproposBurj Khalifa. Der Mega-Wolkenkratzer beeindruckt nicht nur mit seiner Höhe, sondern auch einigen anderen Fakten. So hat der Turm die meisten Stockwerke weltweit und die höchsten von ihnen schwanken bei Wind bis zu 1,5 Meter aus. Beim Bau, der etwa sechs Jahre lang dauerte, waren zu Spitzenzeiten an einem Tag 12.000 Arbeitskräfte zugange – das ist mehr als eine durchschnittliche US-Kleinstadt. Zusammen bestritten sie 22.000.000 Stunden, in denen sie 330.000 Kubikmeter Beton und Stahl verarbeiteten.

Fahren auf dem Hoover Dam

Von San Francisco nach New York ist es ziemlich weit – knapp 4.700 Kilometer Fahrstrecke durch die gesamten USA. Diesen Fakt im Hinterkopf ist der Hoover Dam – die Talsperre zwischen Nevada und Arizona – ein gleich noch beeindruckenderes Bauwerk. Denn würde man die 2,5 Millionen Kubikmetergroße Fläche des Damms auswalzen, hätte man eine 4.800 Kilometer lange Straße. Über 44 Stunden bräuchte es, sie mit dem Auto von A nach B zu fahren. Der Hoover Dam wurde in den 1930ern gebaut und schafft den größten Stausee der USA.

Mehr als eine Sandburg

1997 begannen sie zu bauen, 2024 wollen sie fertig werden – die Enthusiasten, die in Frankreich eine Burg nach mittelalterlichen Standards bauen. Damit ist nicht bloß gemeint, dass der Bau aussehen soll wie aus dem 13. Jahrhundert; es werden auch tatsächlich nur Materialien und Werkzeuge verwendet, die damals verfügbar waren. Das Projekt namens Guédelonist Teil einer experimentellen Archäologie und nimmt sich eine Festungsarchitekturzum Vorbild, nach der auch beispielsweise der Louvre in Paris erbaut wurde. 50 vollberufliche Arbeiter sind hier zugange und stellen die Werkzeuge selbst her, unter der Leitung eines erfahrenden Burgrestaurateurs. Selbst der Materialientransport wird per Karren erledigt. Die Baustelle ist Besuchern geöffnet.

Die berühmteste Mittagspause

Es ist eines der berühmtesten Fotos der Welt – die elf Arbeiter, die auf einem Stahlträger in schwindelerregender Höhe sitzen und Mittagspause halten. Es ist bekannt unter dem Namen „Lunch atop a Skyscraper“ und wurde 1932 während des Baus des Rockefeller Centers aufgenommen. Das Rockefeller Center umfasst heute 21 Häuser, der Stahlträger auf dem Foto gehört zum RCA Building, heute Comcast Building. Die Arbeiter sitzen in 260 Meter Höhe und sind komplett ungesichert. Zwei Umstände sind bis heute nicht völlig geklärt – der Urheber und die Spontanität der Situation. Erst 2003 wurde das Bild dem Fotografen Charles C. Ebbets zugesprochen, ganz bewiesen konnte das nie werden. Das Negativ wurde in den Neunzigern versehentlich zerstört. Auch ob das Zusammensitzen der Arbeiter wirklich spontan, oder nicht doch einfach eine Werbegag war, ist umstritten. Viele andere Fotos beweisen aber, dass sie tatsächlich höchst gefährlich am Bau unterwegs waren.

Ein idealer Palast

Das„Palais idéal“ im französischen Hauterives steht seit 1969 unter Denkmalschutz und lockt jährlich über 100.000 Besucher an – denn es hat eine unglaubliche Entstehungsgeschichte. Es wurde über 33 Jahre lang gebaut und besteht aus Steinen, die der Briefträger Ferdinand Cheval währen seiner täglichen Arbeit gesammelt hat. Der Bau erinnert teilweise an orientalische Tempel und wurde von vielen Architekten verachtet – doch Jahre nachdem das Palais 1912 fertig wurde, waren die Surrealisten und auch besonders Picasso davon begeistert. Später zeigte sich auch Hundertwasser als großer Fan. Cheval war 77, als er mit seinem 26 Meter langen, 14 Meter breiten und zehn Meter hohen Werk fertig wurde, in dem er eigentlich begraben werden wollte, was ihm allerdings nicht erlaubt wurde. Er errichtete sich daraufhin ein anderes Grabmal, kleiner, doch in ähnlichem Stil.

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